Frischer Wind für die Theatermetropole Wien

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Trotz aller Schwierigkeiten zeigt die Wiener Theaterreform von 2003 erstaunlich positive Auswirkungen: Neue Theater werden gegründet, internationale Koproduktionen verstärkt, Hoch- und Subkultur vermischen sich.

Historisch betrachtet nimmt Wien seit dem 18. Jahrhundert die Rolle einer international vorrangigen Theaterstadt für sich in Anspruch. Nach wie vor ist dies eines der zentralen Selbstbilder der Stadt. Seit über zehn Jahren ist nun auch die Situation der freien Szene verstärkt in Diskussion. Häuser wie die Gruppe 80 oder das Ensembletheater am Petersplatz waren fix gefördert, hatten über Jahrzehnte eine gleichbleibende Leitung, so dass ästhetische Formen und Spielweisen stagnierten. Die Stadt setzte eine Jury, bestehend aus Experten aus Sprech- und Musiktheater, Tanz und Performance, ein, die einen Leitfaden zur viel besprochenen „Wiener Theaterreform“ erstellte, allerdings ging das Team von rein künstlerischen Überlegungen aus, da es maßgebliche Sachzwänge, wie etwa schwierige Mietverhältnisse usw., nicht kannte und auch nicht berücksichtigen konnte, so die damalige Gutachterin und heutige Kuratorin Andrea Amort.

Produktionsweisen verändert

Dennoch: Die Theaterreform, die im Jahr 2003 ihren Anfang nahm, zeigt heute erstaunlich positive Auswirkungen: Allein im Herbst 2009 wurden drei Theater neu eröffnet: das Theater Nestroyhof Hamakom unter der künstlerischen Leitung von Frederic Lion, der neue Autoren spielt und ein international/interdisziplinäres Programm vorbereitet, Garage X, deren Leiter Harald Posch und Ali M. Abdullah in das seit 1982 von Dieter Haspel geführte Ensembletheater eingezogen sind, und das Palais Kabelwerk; daskunst zog in das Theater des Augenblicks und das Tanzquartier Wien eröffnete unter neuer künstlerischer Leitung. Dschungel Wien, TAG, KosmosTheater, Salon5, aber auch Schubert Theater und L.E.O. haben sich in den letzten Jahren zu interessanten Spielorten entwickelt, das WUK hat sich entscheidend verändert.

Zugleich müssen die drei Säulen der Förderung („Projekt-, Ein- und Zweijahresförderungen“, „Konzept-Förderung“, „Struktur- bzw. Standortförderung“) zusammengedacht werden. Anfang 2010 finden etwa zahlreiche von den derzeitigen Kuratoren empfohlene Produktionen in der Garage X ihren (Ur-)Aufführungsort, das Haus kann dadurch gut ausgelastet professionelles Theater zu aktuellen Themen anbieten. Die Kuratoren der Projektförderungen (Andrea Amort, Angela Heide und Jürgen Weishäupl) orten hier ein lebendiges Ineinandergreifen verschiedener künstlerischer Ansätze.

Dementsprechend haben sich auch die Produktionsweisen massiv geändert: Es gibt weniger tatsächlich freie Orte, verstärkt wird koproduziert und das vor allem international. Das bringt nicht nur frischen Wind, sondern bedient letztlich auch wieder das Image Wiens als Theatermetropole. Es bedeutet aber auch, dass sich sogenannte Hoch- und Subkultur zunehmend vermischen; an den Nebenbühnen der großen Häuser wird experimentiert, während an den Bühnen der freien Szene auch wieder klassisches Theater auf hohem Niveau gemacht wird. Gruppen wie Nature Theatre of Oklahoma sind heute sowohl im Burgtheater als auch im brut zu sehen.

Subventionsschere öffnet sich

Wiens Klein- und Mittelbühnen bemühen sich auf der anderen Seite weitaus offener als die großen etablierten Theater um neue Autoren. Die Subventionsschere wird jedoch immer größer: Während etwa das Burgtheater eine Jahressubvention von 53 Millionen Euro nachweist, gibt man für Projektförderung weiterhin nur 2,5 Millionen aus. Seit Umsetzung der Theaterreform fordert die IG eine – legitime – Erhöhung für Projektförderungen auf vier Millionen Euro. Ein Beispiel für die Schere stellt das Schauspielhaus als erfolgreiche Wiener Mittelbühne dar, dessen Budget zwar nun von der Stadt angepasst wurde, dem aber weiterhin ein Drittel an Subventionen durch den Bund fehlt, nicht um Verbesserungen vornehmen, sondern allein um den Status quo weiterhin garantieren zu können.

Das Unternehmen Theaterreform muss also ein ständiges kulturpolitisches Begleiten der Theater- und Kunstszene bedeuten, will man sich auch in Zukunft Theaterstadt nennen.

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