Gar nicht possierlich

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Jubel um Nestroys "Heimliches Geld, Heimliche Liebe" im Theater in der Josefstadt.

Sie schreibe über Geld und Liebe, hat die britische Romanautorin Jane Austen (1775 bis 1817) einmal gesagt und hinzugefügt: Worüber sonst? Schon im Titel beherrschen diese Kapitalthemen der schreibenden Zunft auch die Produktion des Wiener Theaters in der Josefstadt zum 200. Geburtstag von Johann Nestroy: "Heimliches Geld, heimliche Liebe".

Die Posse beginnt mit gar nicht possierlicher Musik, ein Polizist auf einer Brücke deutet auf geradezu kriminelles Geschehen hin. Grau und ordinär ist die Szenerie im Laden der Kräutlerin, wo der "Briefschreiber" Dickkopf seine Geschäfte macht. Armen Analphabetinnen aus dem Dienstbotenstand besorgt er die Korrespondenz. Für pekuniären Gewinn arbeitet er sogar für seine Todfeindin, die Kupferschmiedmeisterin Lärminger, und betrügt seinen eigenen Stiefsohn Kasimir und dessen dümmliche Liebste, die Köchin Leni, die nichts ahnend seine Schreib- und Lesekenntnisse in Anspruch nimmt. Selbst einst übers Ohr gehauen, fühlt sich Dickkopf im Recht, mit allen unlauteren Mitteln für seine Sicherheit zu sorgen und beim Spekulanten Makler ein Vermögen anzulegen.

Wie sehr dieser Makler zusammenzuckt, als Kasimir mit dem Wort "Gerechtigkeit" auf den Lippen bei ihm auftaucht, gehört zu den stärksten Momenten des Stückes. Noch grandioser offenbart sich Nestroys Menschenkenntnis in der Szene, als sich Dickkopf gezwungen sieht, unterschlagenes Geld zurück zu geben: Da werden nach kurzem Monolog aus 3.000 Gulden nur noch 300, die er hergibt, während er 2.700 für sich behält.

Natürlich geht nach komplizierten Verwicklungen letztlich alles gut aus. Die Intrigen und die vom Geld bestimmten Heiratspläne scheitern, die jungen Liebespaare Kasimir und Leni sowie Franz und Marie finden glücklich zusammen. Dem bösartigen Dickkopf bleibt die Beziehung zur Kräuterfrau Sali. Nestroys Schluss ist in der Josefstadt-Fassung von Ulrike Zemme und Karlheinz Hackl originell abgeändert, sodass auch die Witwe Lärminger auf ihre Rechnung kommt.

Im Bühnenbild von Rolf Langenfass, das rasche Ortswechsel ermöglicht, liefert der verhinderte Josefstadt-Chef Karlheinz Hackl eine Nestroy-Inszenierung, die ihm nicht nur beim Stammpublikum Respekt verschaffen sollte: unterhaltsam, aber nicht harmlos, sozialkritisch, aber dabei sehr, sehr menschlich. Seiner Ankündigung, diesen Nestroy an Horváth gemahnen zu lassen, wurde Hackl freilich nur ansatzweise gerecht, vor allem die Zeichnung der Familie Makler geriet zu sehr zur Karikatur.

Otto Schenk gehört zu jenen Schauspielern, die in jeder Rolle natürlich wirken, die zu ihrem Typ passt - die Wenzel-Scholz-Rolle des Dickkopf kommt, nein springt ihm geradezu entgegen. Wenn er nicht gerade die Namen Leni und Sali durcheinanderbringt, beherrscht er die Bühne. Deutlich schwerer hat es Herbert Föttinger in der Nestroy-Rolle des Kasimir, doch mit viel Verve übertrifft er bei weitem die Erwartungen. Dem braven Franz gibt Peter Scholz das richtige Profil.

Auch der aalglatte Alexander Waechter (Herr von Makler), die liebeshungrige Bigi Fischer (Frau von Lärminger), die schüchterne Gertrud Drassl (Marie), die naiv-liebenswerte Ursula Strauss (Leni), die resolute Hertha Schell (Kräutlerin) Hausmeisterpaar Peter Moucka und Susanna Wiegand (wie einer Elisabeth-Spira-TV-Sendung entsprungen) lassen kaum einen Wunsch offen. Letztlich machte auch der gern von den Kritikern gezauste Thaddäus Podgorski (Pemperer), abgesehen von ein, zwei verhauten Pointen, seine Sache gut. Fazit: Viel Jubel des Premierenpublikums für Hackl und sein Ensemble in der Josefstadt.

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