GAU der Berichterstattung?

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Fukushima begleitet uns seit Wochen. Markiert der GAU wirklich eine Wende? Den Eindruck kann man schon bekommen - zumindest wenn man ausschließlich österreichische Medien konsumiert. Dort wird die historische Entscheidung gegen Zwentendorf gefeiert, dort meint man, dass Österreich in Europa eine gewichtige Stimme gegen Atomkraft sein könnte, dort hört man viel von den Risiken der Atomenergie. Stimmt schon: Die friedliche Nutzung der Atomkraft ist gefährlich. Nur: Bei nüchterner Betrachtung starben durch Atomkraft (auch inklusive Hiroshima und Nagasaki) weniger Menschen als z. B. durch Nikotin oder den Straßenverkehr. Ja stimmt: All das ist riskant. Die Frage ist, ob man bereit ist, die Risiken in Kauf zu nehmen, oder ob man die Folgen des Verzichtes tragen möchte. Diese Debatte wird in den heimischen Medien (auch in den Qualitätsmedien und im ORF) weder objektiv noch ausgewogen geführt. Man scheint sich in den Medien dem populistischen Konsens angeschlossen zu haben, der in Österreich verkürzt lautet: Atomkraft ist ganz übel, Autofahren ist ok und Rauchen schlecht, aber was soll man machen …

Dies hat wenig mit einem vernunftgeleiteten öffentlichen Diskurs zu tun, der eigentlich zentrale Aufgabe der Medien wäre. Natürlich kann man als JournalistIn der Meinung sein, dass die Nutzung der Atomenergie ethisch und ökonomisch problematisch ist - wie das Rauchen - und man kann und soll diese Meinung auch öffentlich vertreten. Aber dort wo sie hingehört: in den Kommentaren und Glossen. Nicht jedoch in den informierenden Inhalten. Die sollten so realitätsdicht, tatsachenkonform und vielfältig wie irgend möglich sein. Aber auch dort ist die "Schere im Kopf“ wirkmächtig geworden. Nicht nur beim Agenda-Setting, also dem, was man zum Thema macht, sondern auch beim Agenda-Cutting, also bei dem, was man weglässt, zeigen sich Professionalität und Distanz. Oder eben nicht.

* Der Autor ist Prof. für Medienwissenschaft an der Uni Klagenfurt

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