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1. Gaudete heißt der nächste Sonntag, und der gebildete Christ weiß, worauf er sich freut: nämlich auf Christi Geburt, der nicht erst, wie manche glauben, am 8. Dezember empfangen wurde, so schnell geht es nicht, auch nicht bei wunderbaren Schwangerschaften. "Freut euch", zitiert die Liturgie den heiligen Paulus, und das sollte beherzigt werden, obwohl Freude nicht angeschafft werden kann. Wenn Politik wie Kirchenpolitik geeignet sind, den Bürger und Christen freudlos zu stimmen, erinnert eine solche Aufforderung daran, dass mit jeder Geburt ein neuer Anfang möglich ist, eine Chance, was misslungen ist, hinter sich zu lassen, erst recht angesichts der Geburt, die am Christtag gefeiert wird.

2. Hundert Jahre wäre sie heuer alt geworden, und sie lebte, um mit Brecht zu sprechen, in finsteren Zeiten: Hannah Arendt, Protagonistin eines großen Furche-Dossiers im Oktober. Dass wir sterben müssen, ist ein bitterer Gemeinplatz, dass wir geboren werden, ist ebenso selbstverständlich, schien aber der Philosophie nicht denk-würdig genug. Vielleicht musste es eine Frau sein, die trotz finsterer Zeiten die Geburtlichkeit der Sterblichkeit gegenüberstellte - eine freundlichere Perspektive, wonach der Mensch nicht nur jederzeit sterblich ist, sondern auch jederzeit fähig, neu zu starten. Geboren werden heißt, bei Null beginnen können. Glücklich, wem es immer wieder gelingt.

3. Im Fernsehen wird mit Geburt geworben. Auf dem Bildschirm ereignet sie sich ergreifend und in dezentem Grau, nicht religiös, nicht philosophisch, aber mit Preiszettel: "65 Euro Zukunfts-Bonus" wird über die Szene geblendet. Die Geburt als Schnäppchen, die Zukunft billig zu haben: Damit hätte man in Bethlehem gerade eine Herberge bezahlen können. Aber es wird nicht reichen, um das Weihnachtsgeschäfts anzukurbeln.

Der Autor ist freier Journalist.

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