Geburtstagsfest in Rotweißrot

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Es wäre das Wochenende der Entscheidung über den nächsten Bundespräsidenten gewesen -beinahe. Nichts ist daraus geworden. Was blieb, war ein letzter Spätsommertag. Geschenkte Stunden, auch für ein Geburtstagsfest in den Wiener Weinbergen. Im Zentrum stand einer, der das Zeug gehabt hätte, ein Präsident zu werden: Franz Fischler, Tiroler, Österreicher und Europäer, feierte seinen siebzigsten Geburtstag.

An seinem Heurigentisch war - und das hat diesen Abend für mich so wertvoll gemacht - ein Geist von jenem Österreich spürbar, der uns nicht verloren gehen darf: Da saß ein früherer Innen-, Wissenschafts- und Verkehrsminister der SPÖ. Daneben ein Ex-Vizekanzler, Wissenschafts- und Unterrichtsminister der ÖVP. Dazu ein Parlamentarier und Europa-Abgeordneter vergangener Jahre der Grünen. Auch ein einstiger Föderalismusminister und Zweiter Nationalratspräsident der ÖVP. Und dann kam, ganz ohne Trara, der frischgebackene Alt-Bundespräsident - rotweißrot. Fünf Männer, hier stellvertretend für manch andere genannt.

Bald steckten die Herren ihre Köpfe zusammen, besprachen Wahlverschiebung, Ungarns Flüchtlingsreferendum, ihre jüngsten Sommerurlaube - und manch anderes, was beim Heurigen dem freien Flug der Gedanken und der Vertraulichkeit überlassen bleibt.

Ein Kreis von Männern, die - über viel Gemeinsames und Trennendes hinweg - sichtlich zu besonderer Wertschätzung und menschlicher Nähe gefunden hatten. Zu einer Verbundenheit, die sich über die Jahre als stärker erwies, als alle Differenzen des politischen Alltags.

Fischer & Fischler als Beispiel

Kein Zweifel: Jede Demokratie braucht den Wettbewerb der Ideen, Parteien und Persönlichkeiten. Braucht, um lebendig zu bleiben, den Dialog der Interessen und das - durchaus harte - Ringen um gemeinsame Lösungen. Sie braucht aber auch - des sozialen Friedens wegen - das Zusammenstehen in Vernunft und Vertrauen.

Ersteres ist nicht gleich eine Krise, das Zweite noch lange keine Packelei.

Auf dem Weg nachhause habe ich mich gefragt: Wird es künftig noch genügend Landsleute geben, die - wie diese Runde - bei all ihrer profunden Bildung bereit sein werden, dem Gemeinwohl ein Stück ihres Lebens zu widmen? Frauen und Männer, deren Engagement dafür sorgen wird, das Reservoir für öffentliche Ämter nicht austrocknen zu lassen?

Und falls ja: Wird es dann auch solche Runden geben, die -über alle Unterschiede hinweg -nicht vergessen werden, worum es letztlich für das Land geht?

Unsere Republik kennt aus unseligen Zeiten noch immer die Narben der Diffamierung und der Zwietracht. Schnell kann ein noch so geordnetes System aus der Normalität fallen. Was dann als letztes Sicherheitsnetz bleibt, ist oft die persönliche Hochachtung über alle Differenzen hinweg.

Fischer und Fischler als Beispiel: Verschieden geprägt -und doch einander nahe, in diesem Fall sogar buchstäblich.

Heinz Nußbaumer

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