Gedenken an Romedius Mungenast

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Es war ihm nicht in die Wiege gelegt, Dichter und Historiker zu werden. Der Weg dorthin war weit und beschwerlich, aber Romedius ging ihn mit dem heiteren Sinne dessen, der wusste, dass er nicht nur für sich, sondern für viele zu sprechen hat. Als eines von elf Kindern eines Korbflechters und Besenbinders wuchs er in einer Baracke außerhalb des Dorfes Zams auf. Früh schon entzog er sich dem Regiment des groben Vaters, und was er von den Jenischen lernte, das erfuhr er von jenen Verwandten, die alle Jahre wieder ins Land zogen und in den Auen und an den Sandbänken des Inn ihre Zelte aufschlugen. Zu ihnen fühlte er sich hingezogen, am Lagerfeuer hat er ihren Geschichten gelauscht, von ihnen wurde er in Sprache, Magie und Sitten der Jenischen unterwiesen. Wie viele Jenische es in Österreich gibt, darüber kann man nur spekulieren. Jahrhunderte der Missachtung, vor allem aber die nazistische Verfolgung haben Tausende von ihnen dazu gebracht, zu verheimlichen, dass sie Jenische sind, die Sprache der Eltern zu verleugnen, ihre Kultur zu vergessen.

Romedius, der als Eisenbahner im Verschub arbeitete und sich noch vor wenigen Jahren weigerte, ein literarisches Stipendium anzunehmen, weil er fürchtete, damit seine Unabhängigkeit zu verlieren, mochte weder hinnehmen, dass die Jenischen gewohnheitsmäßig als Vagabunden, als fahrendes Gesindel missachtet werden, noch dass sich so viele von ihnen selber aufgeben. Dem hat er seine literarische Begabung und seinen Fleiß als Sammler, Archivar entgegengestellt. In einem Gedicht, das er in der von ihm zu neuem Leben erweckten jenischen Sprache verfasste, heißt es: "Der Stumpf/ von die Lowigruniggl/ isch grandig." (Der Hass der Reichen/ auf die Armen/ ist allgegenwärtig.) Jetzt ist er, der jenische Dichter aus Österreich, ein unbeugsamer und liebenswürdiger Mensch, im Alter von nur 53 Jahren in Innsbruck gestorben.

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