Gefilterte Bilder auf Wikipedia?

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Das Ansinnen der Wikimedia Foundation, Gewaltbilder und Nacktdarstellungen auf Wikipedia herauszufiltern, hat heftige Reaktionen hervorgerufen. Medienwissenschafter Thomas Bauer hält das Unterfangen für legitim.

Nackte Körper im Internet-Lexikon Wikipedia? Oder Gewaltdarstellungen? Damit könnte es bald vorbei sein, wenn es nach den Machern der weltgrößten, User-gestalteten Online-Enzyklopädie geht. Denn die Wikimedia Foundation in San Francisco überlegt die Einführung eines Bildfilters, der Inhalte blockieren soll, die in manchen Gesellschaften und Religionen als anstößig gelten könnten oder gar verboten sind. Bei Wikimedia ist man der Meinung, damit die Idee des Lexikons zu stärken - vor allem in jenen Ländern, in denen der Aufholbedarf an Informationen besonders groß ist. Doch der geplante Bildfilter hat auch starken Widerstand hervorgerufen - vor allem in Deutschland wird darüber unter Wikipedia-Autoren heftig diskutiert. Diese sehen nämlich die Ideale der Web-Plattform gefährdet und überlegen gar eine Abspaltung vom US-Mutterschiff. Die Filtersoftware wäre die Basis für Zensur, heißt es.

Technisch ist der Filter schwer umzusetzen. Denn dazu müssten sämtliche Bilder beschlagwortet werden, was wiederum in der Verantwortung der Autoren liegt. Wer ein Pornobild hochlädt, könnte es bloß mit harmlosen Begriffen versehen und schon würde der Filter nicht mehr greifen.

Kulturelle Limitierungen

Für den Kommunikationswissenschafter Thomas Bauer vom Wiener Publizistik-Institut hat die Einführung eines solchen Filters nichts mit Zensur zu tun: "Es gibt tatsächlich kulturelle Limitierungen, die von großer Wichtigkeit sind“, sagt Bauer: "Will Wikipedia ein echtes, interkulturelles Forum sein, dann wird es nicht umhinkommen, diese zu respektieren.“ Es handle sich dabei um eine "Selbstbeschränkung im Dienste eines interkulturellen Forums“.

Bauer ortet hinter der Begründung, man wolle den nachrichtlich unterversorgten Staaten Zugang zu mehr Information verschaffen, noch einen anderen Grund: "Es geht natürlich auch um ökonomische Faktoren“, sagt Bauer. "Wenn jemand neue Schichten erreichen will, steckt meistens Geld dahinter.“ Damit dürfte Bauer nicht falsch liegen: Seit einigen Tagen prangt auf der Startseite von Wikipedia "ein persönlicher Aufruf von Wikipedia-Gründer Jimmy Wales“, in dem Wales vorrechnet: "Wenn jeder der 400 Millionen Wikipedia-Nutzer 1 Euro spenden würde, hätten wir mehr als zwanzigmal so viel Geld wie wir benötigen.“ Und: "Weder ich noch tausende andere freiwillige Autoren werden für die Arbeit an Wikipedia bezahlt. Als ich die Wikipedia gründete, hätte ich sie zu einem gewinnorientierten Unternehmen mit Werbung machen können, aber ich habe mich anders entschieden.“ Trotzdem: Das Lexikon braucht Geld.

Für Thomas Bauer ist die Entwicklung von Wikipedia in Richtung Selbstbeschränkung eine logische Folge: "Sobald Technologien wie das Internet Einzug in institutionalisierte Kommunikationsmuster halten, müssen sie sich an kulturelle Grenzziehungen halten“, so Bauer. "Weil es Sinn macht, dass es mehrere Weltreligionen gibt. Es wäre fatal, wenn es nur eine Weltmeinung gäbe.“

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