Gegenseitiges Vertrauen belastet

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Rückkehr der Piusbrüder?

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Rückkehr der Piusbrüder?

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Die jüdische Kritik an der Pius-Bruderschaft richtet sich auf deren Aussagen, dass die Juden Gottesmörder seien und Judenmission nicht nur erlaubt, sondern sogar verpflichtend sei. Es geht um die Frage, ob das Judentum weiterhin in einem gültigen Bund mit Gott steht. Schon durch die Debatte über die Ausweitung der tridentinischen Messe und dann die Neuformulierung der Karfreitagsfürbitte für diesen Ritus von höchster Stelle war der Verdacht entstanden, dass das Judentum in der katholischen Kirche wieder als eine defizitäre Religion gesehen wird. Eine Reihe gewichtiger katholischer Stimmen hat deutlich gemacht, dass bei der Nivellierung des II. Vatikanums durch reaktionäre Kreise bestimmte Grenzen erreicht sind, was der breiten Basis noch vermittelbar sei. So stellt sich der Wiener Dogmatiker Jan-Heiner Tück gegen aktuelle Äußerungen Kardinal Walter Brandmüllers zur Relativierung der Konzilserklärung "Nostra aetate“.

Die Frage bleibt, was Benedikt XVI. mit seiner Formulierung von den Juden als "Vätern des Glaubens“ gemeint hat. Praktische Relevanz für katholischen Glaubensvollzug hat sie jedenfalls keine. Das Judentum bleibt mehr historische Reminiszenz als Herausforderung und Stimulans: Juden halten einen Ehrenplatz, so wie man auf die Vorfahren aus grauer Vorzeit mit Respekt schaut. Wir wissen bis jetzt nicht schlüssig, ob die heutige katholische Kirche glaubt, Juden seien schon bei Gott und müssten nicht erst durch Jesus Christus zum Heil gebracht werden. Man nimmt gar nicht wahr, dass das heutige Judentum vielgestaltig und quicklebendig ist. Die Scham klingt ab, das Unrechtsbewusstsein der katholischen Kirche als Mitläufer des Dritten Reiches schrumpft. Das belastet die Offenheit und das Vertrauen der Beziehungen zwischen Katholizismus und Judentum bereits seit mehreren Jahren.

* Der Autor, Rabbiner, leitet das Abraham-Geiger-Kolleg in Berlin

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