Geheimnis, Eros, Todessehnsucht

Werbung
Werbung
Werbung

Brigitte Fassbaenders und Dietmar Bernets beeindruckende Realisierung von Claude Débussys Oper "Pelléas et Mélisande" am Tiroler Landestheater.

Mélisande wird von Golaud im Wald gefunden und in die bedrückende Atmosphäre des Herrscherhauses Allemonde gebracht. An ihr rankt sich der Konflikt empor, aus Eifersucht ermordet Golaud seinen Bruder Pelléas. Mélisande verlischt rätselhaft, wie sie aufgetaucht ist.

Mit Pelléas et Mélisande gelang Brigitte Fassbaender am Tiroler Landestheater erneut eine bemerkenswerte Premiere. Sie inszenierte Debussys Oper in einem Fluss aus Geheimnis, Eros und Projektion, und durch die Übertragung musikalischer Prinzipien auf die Szene in weitgehender Werkimmanenz. Debussy hat die banale Dreiecksgeschichte musikalisch nicht illustriert, sondern den Text Maurice Maeterlincks um das Unsagbare ergänzt und die Innenwelt des Dramas Klang werden lassen. Die sehnsüchtige, in intimen Regungen schwingende Musik sollte freilich seiner lebenslangen Forderung nach "clarté" folgen.

Und so inszeniert Fassbaender die Geschichte ebenfalls hell, klar und deutlich, ohne dabei das Unbestimmte zu verraten, ohne die Symbolismen zu überfrachten. Das graue Einheitsbild eines Schlossinnenhofes - Bühne: Helfried Lauckner - und die wunderschönen Kostüme von Michael D. Zimmermann bleiben in der Entstehungszeit der Oper, dem Fin de siècle. Wichtigen Anteil an der Tiefenschärfe und Spannung der Inszenierung hat das Lichtdesign von Johann Kleinheinz, das in Schlüsselszenen und Übergängen eins ist mit Debussys orchestraler Beleuchtungskunst.

Dietfried Bernet holt aus dem Tiroler Symphonieorchester Innsbruck, das alles zu geben bereit ist, feinste Valeurs und den mitunter geforderten expressiven Zugriff. Die reiche Farbpalette malt Wasser und Himmel, Todessehnsucht und Bedrohung, die träumerische Zwischenwelt der Mélisande und die Schwermut der Menschen.

Die in der Eigenart von Debussys arienfreier Sprachdurchdringung aufgehenden Darsteller singen französisch. Sébastien Soules war noch nie so differenziert wie in der unbeherrschten Verlorenheit des Golaud. Sopranistin Christine Buffle ist ein wunderbares Geschöpf zwischen Geheimnis und Kalkül, Reinheit und erotischer Strahlkraft. Bernd Valentins Tenor klingt als Pelléas dagegen etwas unfrei, sensitiv und hintergründig Michael Dries' Arkel, Shauna Elkins Genevieve und Anja Scholz' Yniold.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung