"Gelingt kein Dialog, hat Regierung verloren"

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"Die neue Bundesregierung muss sich eine Europakompetenz erst erwerben und hier auch einiges investieren - sowohl in Österreich selbst als auch in Brüssel", sagt der frühere EU-Agrarkommissar Franz Fischler im FURCHE-Interview auf die Frage, wie EU-tauglich die neue Regierung sei.

Innerhalb Österreichs müsse überhaupt ein neues Verhältnis zwischen den Bürgern und den politisch Verantwortlichen aufgebaut werden, fordert Fischler. "In der Vergangenheit wurde Informationspflicht und die Verpflichtung zu einem Dialog über europäische Fragen sehr häufig verwechselt", so der jetzige Präsident des Ökosozialen Forums Österreich. "Wenn es aber nicht gelingt, bei diesen Fragen einen Dialog aufzubauen, dann wird die EU-Skepsis weiter steigen und die Regierung hat verloren." Beim bevorstehenden EU-Gipfel wird Kanzler Werner Faymann seine erste Bewährungsprobe auf der europäischen Bühne zu meistern haben. Fischlers Prognose: "Er wird dort eben als unbeschriebenes Blatt in Erscheinung treten." Ein ganz "unbeschriebenes Blatt" scheint Faymann doch nicht zu sein, denn Fischler meint: "Faymann wird erklären müssen, ob er seine Meinung, die er am Gipfel vertreten wird, zuerst bei einem bestimmten Medium abholen muss, oder ob er schon eigenständig handeln kann", ätzt Fischler in Anspielung auf Faymanns gutes Verhältnis zur Kronen Zeitung, was sehr wohl in Brüssel registriert worden sei. Aber, fügt der frühere Kommissar hinzu, in Brüssel würden keine Vorverurteilungen vorgenommen, jeder würde die Gelegenheit bekommen, seine Position darzustellen.

Das Koalitionsabkommen der neuen Regierung in puncto Europa nennt Fischler "ziemlich dürftig". Der neue VP-Außenminister Michael Spindelegger müsse sich natürlich erst beweisen, so Fischler, diesen kenne man in den europäischen Gremien bisher ebenso nicht. "Er soll seine Chance bekommen. Er muss aber innerhalb kurzer Zeit zeigen, ob er in die Schuhe der Frau Plassnik hineinpasst." Ob er deren Abgang bedauert? "Politik lebt auch vom Wechsel, aber sie war sicher eine vernünftige Außenministerin," sagt Fischler.

Auf die Frage, ob Österreich derzeit eine Außenseiter-Rolle in der EU einnimmt, meint Fischler: "Nein, das würde ich nicht sagen. Es gibt auch noch andere EU-kritische Länder, zum Beispiel Schweden. Das Problem ist eher, dass man in Europa erwartet, dass ein faires Spiel gespielt wird, und nicht mit gezinkten Karten. Die Österreicher tendieren aber manchmal dazu, nach dem Motto vorzugehen: Man wird es wohl probieren dürfen." (bog)

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