"Komm, Mister Jedermann, gemma bissel Stearbn!" spottete Helmut Qualtinger 1964. Österreichs traditionsreichstes Festival ist ein magischer Ort. Die Spiele wurden aus den Trümmern eines Weltkriegs und der Hoffnung, die einstige Größe Österreichs wenigstens kulturell zu erhalten, geboren und überlebten einen zweiten noch viel verheerenderen Krieg. Am Anfang entstanden sie aus dem barocken Glanz und der Mystik, die in Salzburg trotz Massentourismus im Sommer an so manchem Ort auch heute noch spürbar ist. Um Welttheater und Sehnsucht nach Verschmelzung von Sprache und Musik ging es Gründern wie Hugo von Hofmannsthal und Max Reinhardt und später vor allem dem genialen Regisseur Giorgio Strehler, der in seinen Produktionen den europäischen Gedanken bei Mozart und Shakespeare wieder in den Mittelpunkt stellte. Sein Scheitern an Herbert von Karajan ist noch gut in Erinnerung. Für zwei solche Primadonnen war kein Platz im kleinen Festspielbezirk. Der geniale Dirigent und keineswegs so geniale Regisseur war gebürtiger Salzburger und prägte viele Jahre hindurch als unumschränkter Herrscher die Festspiele. Durch ihn wurde der absolute Vorrang der Oper gesichert. Verstärkt wurde diese Tendenz durch Einnahmenrekorde, die sich mit Schauspielaufführungen nicht erzielen lassen. Große theatralische Spektakel in der Felsenreitschule -wie bei Strehler und später Peter Stein -wird es wohl nicht so bald wieder geben. Glücklicherweise kann noch die Pernerinsel in Hallein bespielt werden.
Markus Hinterhäuser hat auch in seinem zweiten Jahr als Intendant ein durchaus attraktives Programm erstellt. Was nach Salzburg passt und was nicht, entscheidet immer auch die Atmosphäre der Stadt und der Stil des Gebotenen. Salzburgs Dramaturgie scheint vorgegeben zu sein. Unbestritten ist nur jener reiche Mann, der jedes Jahr vor dem Dom stirbt. Denn der ist der eigentliche Star der Festspiele.
Der Autor ist freier Journalist
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