Gesamtkunstwerk Kirche

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Herbert Muck, Vordenker einer neuen Sicht des Kirchenraumes und Mitstreiter vieler Architekten, feiert seinen 80. Geburtstag.

Im Anfang war der Raum. Und über dem Raum schwebte der Geist Gottes, der Schöpfergeist, der alles phantastisch verwandelt. Und irgendwann wurde aus dem anfänglichen Raum der Kirchenraum. Und in diesem Kirchenraum schwebte der schöpferische Geist eines umfassend gebildeten Mannes. So ähnlich könnte sich die Metamorphose des Raumes für Herbert Muck abgespielt haben, der nun seit 80 Jahren durch den ursprünglichen Raum wandelt und einen Großteil dieser Jahre dem Kirchenraum gewidmet hat. Von unterschiedlichen Blickwinkeln aus hat er sich mit diesem "besonderen Raum" beschäftigt, darüber in Analysen nachgedacht, in unzähligen Projekten als Vordenker praktisch mitgearbeitet und als Mitstreiter wichtiger Architekten unzähligen Menschen Kirchenräume erschlossen.

Der gebürtige Wiener betrieb nach der Matura Studien der Malerei, Philosophie und Theologie in Wien, München, Barcelona und Innsbruck. Dazu kamen noch Kunstwissenschaft, Kunstgeschichte und Archäologie, wobei der Schwerpunkt auf Kunsttheorie und Architektur lag. Nach der Dissertation holte ihn der Architekt Clemens Holzmeister im Zuge der Gründung des Institutes für sakrale Kunst, dessen Vorstand Muck von 1973-93 war, an die Akademie der bildenden Künste. Es standen nach wie vor viele Kirchenneu- und umbauten an, für die die Architekten theologisch fundiertes Hintergrundwissen benötigten, das neue Institut mit Herbert Muck sollte dafür sorgen. Neben der Tätigkeit an der Akademie engagierte er sich in den Fachzeitschriften "Christliche Kunstblätter", die später zu "Kunst und Kirche" wurden, und dem "Münster", lieferte Planungsgutachten ab und organisierte Kirchenbauausstellungen. Seit der Emeritierung betreibt er sein "Institut für Verhalten und Raum" privat weiter.

In der frühen Zeit sprach Muck beim Kirchenraum von einer dienenden Raumordnung für die liturgische Feier. Der Kirchenraum, prinzipiell ein Ort des Gemeinschaftshandelns der Kirche, benötigt Handlungszonen, insgesamt strebte dieses Ideal einer auf die Liturgie bezogenen Homogenität ein "Gesamtkunstwerk" an. Die große Herausforderung lag darin, dass es galt, eine jahrhundertelang gewachsene Struktur, die keine tabula rasa zuließ, an diese Idealvorstellungen heranzuführen. Selbstredend war die Zusammenarbeit von Architekten, Bildhauern und Malern sowie der Austausch mit der konkreten Kirchengemeinde nicht immer einfach. Gegen den uns allenthalben begegnenden Richtungsraum blieb der Kirchenraum als polyzentrischer Handlungsraum, als "Entfaltungsraum" das zentrale Anliegen: "Der Entfaltungsraum wird bestimmt als Weite, Tiefe, Vielseitigkeit aus der Eigenbewegung oder als Raum der Lebensentfaltung. Dem offenen, nicht orientierten gehört die Sympathie. Er gilt als der menschlichere." In den späteren Jahren kreisen die Überlegungen von Muck immer wieder darum, wie man damit umgehen soll, dass sich an "klassisch christlichen Kunstwerken" keine genuine Kirchlichkeit mehr ausmachen lässt, zu sehr sind diese Traditionen zum Allgemeinbesitz geworden. Da gibt es für Muck nur den urchristlichen Ausweg, die engen Grenzen zu sprengen, die Schwelle zu überschreiten und auch kirchlich eine "in Christus eröffnete, verstehbare und zusammenfindende Tiefenstruktur aller religiösen Texte, insbesondere der auch ins Bild verfassten" zu vertreten.

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