Geschichte aus erster Hand erzählt

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Um das hautnahe Kennenlernen jüdischer Geschichte und jüdischen Lebens bemüht sich seit 18 Jahren das Jüdische Museum Hohenems. In acht Räumen taucht der Ausstellungsbesucher ein in die rund 300 Jahre währende Geschichte dieser jüdischen Gemeinde in Vorarlberg.

Wenn es stimmt, dass alles Negative auch etwas Positives in sich birgt, so ist dies angesichts des unsäglichen Sagers des Vorarlberger FPÖ-Chefs Dieter Egger, in dem er den Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, Hanno Loewy, als „Exil-Juden aus Amerika“ bezeichnet hat, die Tatsache, dass nun ganz Österreich von der Existenz dieses kleinen feinen Museums weiß. Und es vielleicht auch einmal besucht.

Seit 18 Jahren gibt es dieses Museum, eingerichtet in der Villa Heimann-Rosenthal im Zentrum des ehemaligen jüdischen Viertels der kleinen Vorarlberger Stadt, gelegen in unmittelbarer Nähe des prächtigen Schlosses der Grafen von Hohenems.

Die Heimann-Rosenthals waren als wohlhabende Fabrikanten geachtete Mitglieder der jüdischen Gemeinde – und für Jahrzehnte die wichtigsten Arbeitgeber der Stadt –, deren Existenz durch die NS-Zeit ihr trauriges Ende fand. Viele ihrer Mitglieder fanden in der Diaspora eine neue Heimat, andere verloren in Konzentrationslagern ihr Leben, auch die letzte Bewohnerin der Villa, Clara Heimann-Rosenthal. Heute gebe es allerdings mehr Juden in Hohenems als vor dem Holocaust, so Hanno Loewy, der aus Frankfurt stammende Literatur- und Theaterwissenschafter, der seit fünf Jahren das Jüdische Museum leitet. Und sich immer wieder zu aktuellen politischen Themen im Land äußert – mit den bekannten Konsequenzen.

Authentischer Ort der Begegnung

Die 1864 erbaute Villa ist das erste Ausstellungsobjekt des indoor von den Architekten Erich Steinmayr und Fritz Mascher gestalteten Museums. Um das hautnahe Kennenlernen jüdischer Geschichte und jüdischen Lebens geht es in der hier zelebrierten Dauerausstellung – es gibt auch jährlich eine Sonderausstellung, derzeit die fabelhafte „Hast du meine Alpen gesehen?“ –, die zu einem guten Teil bestückt ist mit Alltagsgegenständen und Dokumenten, welche die in aller Welt verstreuten Nachkommen Hohenemser Juden dem Museum geschenkt haben.

Um auf diese Weise Geschichte aus erster Hand zu erzählen. Das Museum zu einem authentischen Ort der Begegnung mit vergangener, noch immer herausfordernd aktueller Erfahrung zu machen.

In acht Räumen taucht der Ausstellungsbesucher ein in die rund 300 Jahre währende Geschichte der Juden in Hohenems, die von Anfang an geprägt war als Wechselspiel von Ansiedlung und Vertreibung. Und als demütigende Geschichte der Duldung durch die Obrigkeit.

Ein Kapitel ist dem „Toleranzpatent“ von 1781/82 gewidmet, das für die Juden einen wichtigen Schritt in Richtung Gleichberechtigung, aber auch von Verweltlichung und kultureller Anpassung bedeutete. Im nächsten Raum wird demonstriert, dass die Juden durch gesetzliche Beschränkungen und wirtschaftliche Zwänge schon immer zur Mobilität gezwungen waren. So entstand eine Hohenemser Diaspora, mit Verbindungen in alle Welt, wie die ganz persönliche Geschichten erzählenden Erinnerungsstücke der Juden mit Hohenemser Wurzeln berührend vorführen.

Um die Frage der ganz spezifischen jüdischen Identität geht es in Raum 4. Was bedeutet es, in der zunehmend deutschnational und antisemitisch eingestellten Gesellschaft des 19. Jahrhunderts Jude zu sein? Selbst im Wien so fernen Vorarlberg. Freundschaften zwischen Juden und Nicht-Juden wurden immer seltener, die Forderung nach einer Ausgrenzung der Juden immer lauter. Mit der Konsequenz, dass immer mehr Juden das Land verließen, nur mehr eine ganz kleine Gemeinde, die „nur von der Erinnerung lebt“, übrigblieb, wie Theodor Elkan, der letzte Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Hohenems, 1931 geschrieben hat. Und ihr schreckliches Ende im Holocaust.

Salomon Sulzer, ein Kapitel für sich

Ein eigenes Kapitel ist schließlich dem bedeutendsten Vorarlberger Juden gewidmet: Salomon Sulzer, dem 1804 in Hohenems geborenen großen Komponisten geistlicher wie weltlicher Musik, der erst 16-jährig die Kantorenstelle an der Hohenemser Synagoge übernahm, bevor er zum Kantor am Wiener Stadttempel berufen wurde, der in der Folge des außergewöhnlichen Baritons Sulzers wegen von zahlreichen Nicht-Juden besucht wurde. Franz Schubert vertonte für ihn den 92. Psalm, mit Franz Liszt trat er gemeinsam auf.

Jüdisches Museum Hohenems,

Villa Heimann-Rosenthal

Schweizer Straße 5, A-6845 Hohenems,

Öffnungszeiten:

Dienstag bis Freitag 9 bis 12 und 14 bis 17 Uhr.

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