Geschichte geplündert

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Das legendäre Zweistromland Mesopotamien - der heutige Irak - ist eine Wiege der Menschheitskultur. So war das Nationalmuseum in Bagdad berühmt für seine Exponate aus der babylonischen Zeit, vor allem die 5.000 Jahre alten beschriebenen Tafeln, die zu den ältesten Schriftdokumenten überhaupt gehören. War: Nun haben Plünderer Tausende Antiquitäten geraubt oder zerstört - 170.000 Exponate (im Wert von etlichen Milliarden Dollar) allein aus dem Nationalmuseum. Die Welt ist empört. Und Amerika hat zugeschaut.

Die US-Truppen hatten die Bitte um Schutz des Museums ignoriert. Sie schützen das Erdölministerium (nicht die Spitäler, die auch geplündert wurden). Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und Präsidentensprecher Ari Fleischer zeigten Verständnis für die chaotischen Zustände - sie seien als Preis für den Übergang zu einer freien Gesellschaft zu akzeptieren; mit der Zeit werde Recht und Ordnung wieder hergestellt.

In der amerikanischen Polemik gegen Europa war in den letzten Monaten oft vom "alten" Europa die Rede (während man selbst auf das "junge" Amerika stolz ist). Wie "alt" mag da erst Asien mit seiner Geschichte und seinen Kulturen erscheinen. Vielleicht gar nicht so schlecht, wenn die sich selbst ein bisschen verjüngen. Die UNESCO fordert den Schutz der irakischen Kulturgüter - aber was soll den eine UNO-Organisation? Die lahme UNO wollte ja nicht einmal den Krieg.

Ein Panzer und zwei Soldaten hätten genügt, um das Museum zu schützen, meinte die stellvertretende Museumsdirektorin Midal Amin. Aber die US-Army hat ihre eigene Tradition im Umgang mit der Kultur eines Landes, das sie befreit hat. Im Stift St. Florian kann man sich noch erinnern, wie amerikanische Soldaten 1945 im barocken Spiegelsaal ihre Motorradrunden gedreht haben.

cornelius.hell@furche.at

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