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Der beste Termin des A ionsfestes

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Das Fest, das sich für ein solches Neuverständnis den Christen der Hauptstadt des Orients, Alexandrien, als das geeignetste anbot, war das in der Nacht vom 5. zum 6. Jänner gefeierte Aionsfest. In dieser Nacht gebar Kore (= Mädchen) = Isis den Aion = Horos = Sonnengott Serapis. Aion ist der Gott der Ewigkeit, er erneuert sich jährlich und bleibt so ewig derselbe ganz wie die Sonne. Unter dem Namen Dionysos wurde gleichzeitig ein anderer Aspekt dieses selben Gottes verstanden, und deshalb gehörte zu den Zeremonien des 5. und 6. Jänner ein feierliches Wasserschöpfen (des Nilwassers), über welches sich anläßlich der Besprechung heidnischer Wasservorstellungen Epiphanius folgendermaßen geäußert hat: „An vielen Stelien und Quellen verwandelte sich Wasser in Wein...“ Die Verwandlung von Wasser in Wein an diesem Tag war eine Arete, eine wunderbare Tugend, des Dionysos.

Die erste Arete Christi am Anfang Seines öffentlichen Auftretens war die Verwandlung von Wasser in Wein, und in der Ostkirche war das Wasserschöpfen am Epiphaniefest noch lange in Gebrauch. Ein anderer Brauch des ägyptischen Festes war das Baden im Nil, gegen welches Firmicus Maternus in einem an die Kaiser Konstantius und Konstans gerichteten Schreiben deshalb polemisierte, weil unter dem Volk der Glaube bestand, das Nilwasser heile und heilige. Und noch der arabische Historiker Masudi berichtet im 10. Jahrhundert über die Einwohner von Kairo, daß sie die Nacht des Taufbades am 5. und 6. Jänner als

etwas Bedeutendes ansahen und in dieser Nacht keiner schlafenging. „Es ist dies die schönste Nacht, die Ägypten kennt.“ Der Hauptinhalt des Festes vom 6. Jänner ist in der östlichen Kirche aber bis zum heutigen Tage die Taufe des Herrn. Weiter feierte die frühe Kirche des Ostens an diesem Tag auch die Geburt des Herrn, die Anbetung der Heiligen Drei Könige, die Hochzeit von Kana und anfangs auch die wunderbare Brotvermehrung.

Wann beginnen die Christen „Weihnachten“ zu feiern?

Wann nun die Christen in Alexandrien anfingen, ihr Fest der Epiphanie des Herrn mit dem ägyptischen Fest zusammenzulegen, ist uns unbekannt. Clemens Alexandras (am Anfang des 3. Jahrhunderts) nennt den 20. Mai als Geburtstag Christi, und von dem Kirchenlehrer Hippolytos (gest. 236) wurde der 14. Nisan (April) sowohl

als Geburts- wie auch als Todestag Christi vermerkt. Auch andere Schriften des 3. Jahrhunderts bleiben bei einem Frühjahrstermin für die Geburt Christi. Erst der Kirchenschriftsteller Johannes Cassianus (gest. um 430) berichtet für seine Zeit, daß man damals in Ägypten am 6. Jänner Geburt und Taufe Jesu feierte. Und Hieronymus predigte an einem 25. Dezember in Jerusalem, wo damals noch das Geburtsfest Jesu am 6. Jänner begangen wurde, gegen diesen Termin und für den 25. Dezember. Er berief sich in dieser Predigt auf eine bessere Tradition für den 25. Dezember, die auf Petrus und Paulus zurückgehen solle, und

sagte: „Wir behaupten also, daß Christus heute geboren und am Epiphanietage wiedergeboren (= getauft) ist.“

Rom feierte also damals das Weihnachtsfest am 25. Dezember. Und wenn sich Hieronymus auf eine bessere Tradition berief, so gilt das — wenn auch in einem ganz anderen Sinn — auch für uns, denn auch wir haben für den Termin des westlichen Weihnachtsfestes vom 25. Dezember eine bessere Tradition, zumindest eine, die sich mit Sicherheit auf das Jahr 336 zurückführen läßt. Denn der sogenannte Chronograph vom Jahre 354, der römische Festkalender, vermerkt im Verzeichnis der Todestage und Begräbnisstätten der zwölf römischen Bischöfe der Jahre 255 bis 352 für das Jahr 336 den 25. Dezember als Tag der Geburt Christi. Wenn nun in der pseudo-kyprianischen Schrift „Über die Berechnung von Pascha“ vom Jahre 243 der Geburtstag Jesu auf den 28. März verlegt wird, mit dem Hinweis, daß dieser Tag auch der Geburtstag des sol iustitiae, der Sonne der Gerechtigkeit (Mal. 4, 2), sei, so können wir für die Einführung des Weihnachtsfestes die Zeit zwischen 243 und 336 annehmen. Auch hier wird also die Geburt Christi mit der Geburt der Sonne in Zusammenhang gebracht, und unser Weihnachtstermin entspricht ja bekanntlich dem Fest des Natals Solls In-victi, dem Geburtstag der „Unbesiegten Sonne“ des römischen Kaiserreichs.

Geburtsfest Christi und antiker Sonnenkult

Schon im 3. Jahrhundert hatte der Sonnenkult im Römischen Reich eine besondere Bedeutung erlangt. Als Kaiser Aurelian in der Entscheidungsschlacht gegen die Königin Zenobia von Palmyra 274 siegte, glaubte er, diesen Sieg dem ihm vor

der Schlacht erschienenen Sonnengott zu verdanken, den er dann im Tempel des Sonnengottes von Emesa wiedererkannte, worauf er den Sonnenkult zum römischen Staatskult erhob. Und auch bei alen späteren Kaisern genoß der Sonnengott Sol als oberste Gottheit des Staatskultes höchste Verehrung, bis Konstantin im Jahre 313 — wieder durch eine Himmelserscheinung vor einer Entscheidungsschlacht, hier gegen seinen Rivalen Maxentius, bestimmt — seinen Sieg mit dem Namen Christi verband, an seinen Helm das Christusmonogramm heftete und den alten Staatsgott durch „seinen“ Gott ersetzte: In hoa signo vinces, „In

diesem Zeichen wirst du siegen“! Schon seit dem 3. Jahrhundert war die Investitur des römischen Kaisers nicht mehr durch den Senat, sondern durch den errungenen Sieg bestimmt, der dem Kaiser wie eine Berufung des Himmels zuteil wurde, und die Verbindung von Sieg und Herrschertum mit Christus, der neu aufgehenden Sonne der Gerechtigkeit, verrät den Blick des großen Staatsmannes. Ob er es war, der In den folgenden Jahren den Geburtstag des Staatsgottes, den Einweihungstag des Soi Inviotus, den 25. Dezember, mit dem Geburtstag Christi verband, oder ob es noch die römische Christengemeinde selbst am Ende des 3. Jahrhunderts als Reaktion auf diesen Staatskult tat, was aber weniger wahrscheinlich ist, jedenfalls blieb auch hier im Westen, und noch viel ausdrücklicher als im Osten, das Fest der Geburt des Herrn mit dem Fest der Geburt eines heidnischen Sonnengottes verbunden. Wie sehr dieses Denken das 4. Jahrhundert bestimmt, beweist eine Schrift dieser Zeit „Über die Sonnenwende und Tagundnachtgleiche der Empfängnis und Geburt unseres Herrn Jesus Christus und des Johannes Baptista“. In dieser Schrift wird für die Empfängnis von Johannes Baptista die Herbsttagundnachtgleiche angegeben, für die Empfängnis Christi die Frühjahrstagundnachtgleiche, für die Geburt von Johannes Baptista die Sommersonnenwende und für die Geburt Christi die Wintersonnenwende. Somit wird erwiesen, wie die ganze Naturordnung auf das Erscheinen des Herrn bezogen ist.

Schon am Ende des 4. Jahrhunderts übernahm Rom vom Osten das Fest der Epiphanie des Herrn, aber mit dem einzigen Festinhalt der Anbetung der Heiligen Drei Könige, während mit dem 25. Dezember die Hochzeit von Kana und die Speisung in der Wüste verbunden blieben, wie

Photo: usis

wir aus einer Rede des Papstes Liberias wissen, die er am Weihnachtstag 353 gehalten hat und die vom heiligen Ambrosius aufgezeichnet wurde. Der Osten übernahm im 5. Jahrhundert den 25. Dezember als Fest der Geburt des Herrn und außerdem als Fest der Heiligen Drei Könige; der 6. Jänner blieb das Fest der Taufe des Herrn und der Hochzeit von Kana.

Professor Rahner bemerkte zu diesem innigen Bezug zwischen Sonnenkult und Geburtsfeier Christi in Ost und West, daß wohl beide Feste als tiefste Antworten auf die Sehnsucht der antiken Sonnenverehrung entstanden seien.

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