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Die Haydn-Hymne im Haydn-Jahr

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er Text sollte mit dieser Melodie verbunden werden? Auch das ist eine ernste, gewichtige Frage. Wer es aufrichtig meint mit einem Weg in eine bessere Zukunft, der wird hier einen neuen, bisher nicht offiziell verwendeten Text fordern. Oesterreich besitzt heute mehr als jedes andere deutschsprachige Land Dichter, Lyriker, Wortschöpfer hoher Grade; so haben beispielsweise schon Paula Grogger und Franz Theodor Csokor ernstzunehmende Texte zur Haydn-Melodie geschrieben. Sie alle wären durch einen wohldurchdachten Wettbewerb zu gewinnen. Woran sich eine weitere Frage, an die Adresse unserer Politiker, anschließt: Was halten die demokratischen Politiker von der Wiedereinführung der Haydn-Hymne 1959? — Die „Furche“ wird in diesem Sinne sich demnächst um die Stellungnahmen österreichischer Politiker bemühen und diese der Oeffentlichkeit vorlegen. Die Redaktion

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er Text sollte mit dieser Melodie verbunden werden? Auch das ist eine ernste, gewichtige Frage. Wer es aufrichtig meint mit einem Weg in eine bessere Zukunft, der wird hier einen neuen, bisher nicht offiziell verwendeten Text fordern. Oesterreich besitzt heute mehr als jedes andere deutschsprachige Land Dichter, Lyriker, Wortschöpfer hoher Grade; so haben beispielsweise schon Paula Grogger und Franz Theodor Csokor ernstzunehmende Texte zur Haydn-Melodie geschrieben. Sie alle wären durch einen wohldurchdachten Wettbewerb zu gewinnen. Woran sich eine weitere Frage, an die Adresse unserer Politiker, anschließt: Was halten die demokratischen Politiker von der Wiedereinführung der Haydn-Hymne 1959? — Die „Furche“ wird in diesem Sinne sich demnächst um die Stellungnahmen österreichischer Politiker bemühen und diese der Oeffentlichkeit vorlegen. Die Redaktion

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WIEN

Die Haydn-Hymne stellt trotz ihrer Kürze ohne Zweifel einen der kostbarsten Schätze unseres österreichischen Musikerbes dar. Mitten in der Arbeit an der „Schöpfung“ niedergeschrieben, konnte diese Melodie wohl nur ein Gebet werden. Ihre ausgesprochen sakrale Haltung, durch Anklänge an liturgische Weisen unterstützt, hat ihr sogar als Kirchenlied ifi weite Gebiete des deutschen Raumes Eingang verschafft; sie wird in Frankreich als Tantum ergo heute noch gesungen.

Als Kirchenmusiker möchte ich daher zuerst auf den religiösen Charakter der Komposition hinweisen und betonen, daß ihre Säkularisierung — gleichsam ein umgekehrtes Kontrafakt — weder dem Gehalt der Melodie noch den Intentionen Haydns entspricht.

Daß diese Säkularisierung mit Erfolg versucht wurde, ist nicht zuletzt der durchschlagenden gemeinschaftsbildenden Kraft des Liedes zuzuschreiben, die übrigens bereits bei ihrem ersten Erklingen 1797 zutage trat und sie sofort als die gegebene österreichische Nationalhymne erscheinen ließ. Seit jener Zeit sangen die Oester- reicher durch weit mehr als 100 Jahre mit Andacht und Ergriffenheit ihr „Gott erhalte". Ich glaube, es kann auch heute keinen österreichischen Musiker geben, der in Haydns Komposition nicht die beste Volkshymne erkefihėh und anerkennen würde. Dies ohne jede Herabminderung des künstlerischen Wertes unserer derzeitigen Mozart-Hymne, die wahrlich mehr als ein bloßer Ersatz zu nennen ist.

Die Initiative der „Oesterreichischen Musikzeitschrift“ zur Wiedereinführung der Haydn- Hymne kann ich daher nur begrüßen, und ich möchte der Hoffnung Ausdruck geben, daß alle die Schwierigkeiten, die seinerzeit zur Ablehnung der Hymne geführt haben, behoben werden können.

Monsignore Prof. Dr. Franz K o s c h

Konsulent am Bundesministerium für Unterricht

Ich bin natürlich für die altehrwürdige Melodie unserer österreichischen „Volkshymne“. Sie hat längst klassische Patina angesetzt, erinnert an die glanzvolle Zeit der alten Monarchie, da unser Staat Großmacht war; noch mehr aber daran, daß wir damals die musikalische Weltmacht waren. Allerdings wurde unsere Melodie später ausgeliehen, fand Verwendung als nationaler Kantus, was auch wieder gewissermaßen historische Berechtigung hatte: wurde doch Deutschland durch Jahrhunderte von der Wiener Hofburg aus regiert; auch damals noch, als Haydn diese seine prächtige Melodie, die er zum Messetext erfand, als österreichische Volkshymne dekretierte. Diese Melodie braucht nicht heimzukehren; sie klingt noch immer in aller Herzen, die um unsere schöne Vergangenheit wissen. Wenn wir sie nun auch wieder singen, blasen, so realisieren wir längst Vorhandenes, Gegebenes. Allerdings: eine Schwierigkeit ist nicht zu verkennen: der Text...! Die altehrwürdige Volkshymne brachte also- gleich zwei mächtige Pole des Reiches: die Dynastie Habsburg, und den Katholizismus, als textliche Zweifarbenfahne anschaulich zur Geltung. Der Text des Nachbarn stimmt alsogleich Begeisterung für Deutschland an. Der neue Text unserer Hymne müßte ebenso das neue Oesterreich besingen, eindeutig, charaktervoll, nur für uns zugeschnitten. Bei Kunstliedern ist die Musik das prächtige Gewand der Verse, deren Gestalt dadurch verschönt wird. Im Fall der Hymne wird der Text zum Kostüm der Zeit, ein dichterisches Festtagskleid sozusagen. Poetische Qualitäten genügen da keineswegs; Zeitfarbe, Schwung, Einmaligkeit des gegebenen Vorwurfs ist ebenso notwendig, wenn sich die Verse gegen die beiden anderen Fassungen behaupten sollen; was sie müssen. Wie man zu diesem Text kommen wird — ich weiß es nicht. Eines aber weiß ich: daß die Eröffnung der großen staatlichen Haydn-Feier mit dieser Hymne eingeleitet werden müßte; ein Festchoral für großes Orchester und Orgel, diesmal vielleicht noch ohne Singstimme. Trotzdem bin ich überzeugt: bei den ersten Takten würde sich die ganze Festgemeinde wie ein Mann von den Sitzen erheben, hochgestimmt, begeistert, im Gedanken an eine schöne Vergangenheit, und zuversichtlich in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Einig aber plle im Erleben einer erhaben schönen, echt österreichischen Melodie!

Hofrat Univ.-Prof. DDr. Joseph Marx

Präsident des AKM, Mitglied des Kunstsenats

An die Hymne eines Landes darf man grundsätzliche Ansprüche stellen. Sie soll Feierlichkeit und Würde, aber auch Lebensfreude und Zuversicht enthalten; nicht nur der Text, vor allem die Musik. Ihre Beziehung zu einer bestimmten Geschichtsepoche erscheint mir weit nebensächlicher. Haydn schrieb seine Hymne, die unmittelbar volkstümlich wurde, in einer Zeit, in der sich ein Großteil Europas gegen Napoleons llebergriffe wehren mußte. Haydn schrieb sie aus spürbarem Mitfühlen mit der Heimat. So glückte Musik voll Würde und Vitalität. Eine musikalische Analyse kann das sofort feststellen. Gerade jungen Leuten erscheint cjie. gegenwärtige Hymnfc Oesterreichs zu melancholisch. Unsere Fahne hat historische Verankerung, sie ist aber vor allem auch ein dekorativer Idealfall. Die Mozart-Hymne ist nicht volkstümlich geworden, obwohl schon genug Zeit dafür vorhanden war.

Daß mit der Haydn-Hymne unaustilgbar kaiserliche Tradition verbunden werden müsse, meint nur die älteste Generation des heutigen Oesterreich. Die Rückkehr zu Haydn sollte aber zu einer Angelegenheit des Volkes, nicht zu der einer Partei werden. Politischer Einwand wäre wohl sehr unangebracht, da doch selbst angesehenste Politiker "unserer Republik den Titel Hofrat mit geziemender Würde, sicherlich aber ohne monarchistische Anwandlungen tragen.

Daß die Haydn-Hymne von Deutschland annektiert wurde, ist belanglos. England und Deutschland hatten jahrzehntelang dieselbe Musik als Landeshymne, ohne dadurch zu einer Einheit zu werden. Aber: Haydns Hymne kann vielleicht ausgreifend die Hymne Europas werden; sie ist unbestreitbar dazu würdig.

Franz Kiessling, der bedeutende Lyriker unseres Landes, könnte den Text formen, frei von hohlem Pathos, dennoch monumental, wie ein Landessinnbild eben sein soll.

Prof. Dr. Heinrich Neumayer Präsident der ,Musikalischen Jugend“ Oesterreichs

Es geht manchen Melodien oft wie den Menschen: eine Zeitlang liebt und schätzt man sie, dann werden sie verworfen, gleichgültig aus welchen Gründen, werden gemieden, ja geradezu in Acht und Bann getan.

Solchem Schicksal fiel auch eine der schönsten Schöpfungen Joseph Haydns anheim: sein „Gott erhalte“.

Es steht außer jedem Zweifel, daß die Melodie für Oesterreich erfunden wurde, denn nichts an den sattsam bekannten Entstehungsdaten deutet darauf hin, daß dieses Lied außerhalb der österreichischen Erblande gesungen werden sollte. Der Hinweis, daß Franz II. damals noch deutscher Kaiser war, hat in diesem Zusammenhang nicht sehr viel Gewicht.

Mit dem Text Haschkas wurde das Lied bald zum „Kaiserlied“ und blieb es als „österreichische Volkshymne“ bis zum unseligen Zusammenbruch der Donaumonarchie 1918.

Haydn selbst bezeichnete es als „Volkslied“, so wie auch Graf Saurau es sich gedacht hatte, nach dem Muster des „God save the king", das der Engländer Nationallied ist. Jenes „God save the king", das schon seit 1795 mit dem deutschen Text in Preußen als Hymne gesungen wurde und das die Ereignisse von 1870 zur Nationalhymne des deutschen Reiches erhoben. So hatten zwei benachbarte Völker verschiedener Sprache die gleiche Melodie.

Der Zusammenbruch des Jahres 1918 wies das „Gott erhalte“ aus den Grenzen Oesterreichs aus; die Hymne von Renner-Kienzl kam an seine Stelle. Deutschland aber erklärte am 11. August 1922 die Melodie Haydns mit dem Text von Hoffmann von Fallersleben als seine Nationalhymne. Als dann 1929 Oesterreich wieder zur Haydn-Melodie mit einem Text von Ottokar Kernstock zurückkehrte, da hatten abermals zwei benachbarte, staatlich selbständige Gebilde, nun gleicher Sprache, dieselbe Melodie.

1933 gab man der Haydn-Melodie in Deutsch' land noch das Horst-Wessel-Lied als Anhang, und so wurde aus der österreichischen Hymne ein Marschlied, ein „politisch Lied ...“.

1945 stellte man Oesterreich wieder her, aber man verbannte seine Melodie, seine Volkshymne, zum zweiten Male. Und Deutschland griff abermals zu und nahm sie, sogar zum Abstempeln von Briefmarken.

Für Oesterreich bringt das Jahr des Haydn- Jubiläums nun die Frage: Wer gibt der Haydn- Melodie ihre Ehre wieder, ihre Heimat, ihr Oesterreichertum? Auch hier gilt das Wort: „Oesterreich über alles, wenn es nur will!“

Wer will? Und wagt einer nicht zu wollen?!

Hofrat Univ.-Prof. Dr. Leopold Nowak Direktor der Musiksammlung der Oesterreichischen Nationalbibliothek

Für eine Wiedereinführung der Haydn-Hymne ist der jetzige Zeitpunkt zu spät gewählt. Es würde der sichtbare Grund fehlen, die Mozart- Hymne, die sich während der 13 Jahre so verbreitet hat, daß die Jugend von heute sie als die Hymne ihres Vaterlandes kennt und ehrt, abzusetzen. Anders wäre es gewesen, hätte man bereits im Jahre 1945 die Haydn-Hymne wieder in ihre Rechte eingesetzt. Vom Standpunkt des Musikers aus betrachtet, wäre die Melodie der Haydn-Hymne für eine neue Textfassung — deren sie bereits vorher drei verschiedene aufwies — weit geeigneter gewesen. In der Mozart- Hymne paßt sich der Text Paula Preradovic’ nicht den Melodiebögen an, da er weit mehr Unterteilungen aufweist. Mozart hätte sicher in seiner lebensvollen Art das Gedicht mit einer anders gestalteten Melodie versehen.

Prof. Wilhelm Rohm

Geschäftsführender Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Musikerzieher Oesterreichs

Weder die Kienzl-Hymne von 1920 noch die Mozart-Melodie, die gegenwärtig als Bundeshymne dient, sind jemals populär geworden — die beschämend stummen Münder bei Feiern und ähnlichen Anlässen bezeugen es heute wie damals. Kienzl selbst hat als Ueberzeugung bekannt, „daß sich eine Nationalhymne nicht dekretieren lasse, daß eine solche vielmehr plötzlich irgendwie auf tauchen müsse“. Hatte die Hymne der Ersten Republik immerhin den Vorteil, daß sie einen aktuellen Text (Dr. Karl Renners) fachgerecht in Musik setzte, so haftet der für ganz andere Zwecke geschaffenen Mozart-Komposition neben ihrem viel zu weihevollen, zuwenig mitreißenden Charakter vor allem der Nachteil an, daß sie, wenn auch von Paula Preradovic literarisch hochwertig, so doch ohne Rücksicht auf den Duktus der Melodie textiert wurde.

Der einzige Ausweg aus dem unwürdigen, ja blamablen Zustand ist aus musikalischen, historischen und politischen Gründen die eheste Wiedereinführung der unvergleichlichen Haydn- Hymne, für deren dichterische und musikalische Neutextierung entsprechend unserem heutigen Staatsgefühl etwa im Wege einer Ausschreibung die besten Kräfte zu interessieren wären.

Prof. Dr. Hans S i 11 n e r Präsident der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien

KÄRNTEN

Den Vorschlag, im Haydn-Jahr 1959 alles zu unternehmen, daß dem österreichischen Volk seine Hymne endlich wiedergegeben werde, wird nicht nur jeder Musiker, sondern auch jeder wahrhafte Oesterreicher aus tiefstem Herzen begrüßen. Es ist nicht notwendig, sich deshalb quasi bei Mozart entschuldigen zu wollen, da doch wir selbst es waren, die eine seiner für einen ganz anderen Zweck erfundenen Melodien vergewaltigten, indem wir sie zu unserer Landes-

hymne erhoben. Die in ihrer Art geradezu einmalige Melodie, die Joseph Haydn 1797 für seine Landsleute schrieb, soll und muß uns erhalten bleiben, das heißt vielmehr uns endlich wiedergegeben werden. Oder sollte uns etwa der Umstand, daß auch andere die Einmaligkeit dieser Melodie erkannt haben, davon abhalten, zu dieser wieder zurückzufinden? Hat etwa England je auf sein „God save the king" verzichtet„ weil auch diese Melodie von einem Nachbarvolk als vorzüglich erkannt und für seine eigenen Zwecke requiriert wurde?

Und der Text? Warum sollten sich nicht die Besten unseres Volkes seiner annehmen? Ich glaube nicht, daß sich ein wirklicher Dichtei' zu arriviert dünkte, um mitzuhelfen, seinem Vaterland wieder zu- dessen altangestammter Hymne zu verhelfen. Wo es doch schon — nachdem der Originaltext von Lorenz L. Haschka unaktuell geworden war — neben vielen anderen keine Geringeren waren als Karl von Holtei, Freiherr von Zedlitz, Johann Gabriel Seidl, Franz Grillparzer und Ottokar Kernstock, die sich um unsere Hymne verdient gemacht haben.

Auf denn, zum edlen Wettstreit der Poeten! Vielleicht gelingt es einem von ihnen, unseren naturgemäß dem Wort verpflichteten Volksvertretern klarzumachen, w i e österreichisch dieses fürstliche Geschenk ist, das uns Joseph Haydn mit diesem schlichten, aber unvergeßlichen Lied gemacht hat.

Regierungsrat Prof. Robert Keldorfer

Direktor des Landeskonservatoriums in Klagenfurt

BURGENLAND

Die Absicht der „Oesterreichischen Musikzeitschrift“, aus Anlaß des Haydn-Jubiläumsjahres 1959 die Wiedereinführung der angestammten Haydn-Hymne anzuregen, kann ichnur begrüßen. Ihre Wiedereinführung würde sicher in den weitesten Kreisen des österreichischen Volkes mit großer Freude aufgenommen werden. Hat es sich doch deutlich gezeigt, daß sich Mozarts Bundeslied trotz seiner guten Sang- barkeit als Melodie zur österreichischen Bundes- hymne nicht durchzusetzen vermochte.

In dem Umstand, daß die Haydn-Hymne zur offiziellen Hymne der Deutschen Bundesrepublik erklärt wurde, erblicke ich schon gewisse Schwierigkeiten, die meiner Meinung nach aber nicht unüberbrückbar sind. Ist doch ihr Schöpfer ein Oesterreicher und war die Haydn-Hymne auch in der Ersten Republik die österreichische Bundeshymne.

Da in vieler Hinsicht auf die Zeit der Ersten Republik zurückgegriffen wurde, könnte meiner Meinung nach ohne weiteres der Kernstock- Text wieder verwendet werden. Die Schaffung eines neuen Textes bleibt problematisch.

Karl G r a d w o h 1 Landesmusikinspektor

OBERÖSTERREICH

Paula Preradovic hat bestimmt ihr Möglichstes getan, um zur Mozart-Melodie einen sogar recht guten Text zu liefern. Trotzdem ärgern mich bei jedem Singen die sechs Beistriche, mit denen, lösen sie — und natürlich tun sie es — Atmen aus, die Mozartschen Viertaktbögen vor allem in der ersten Strophe barbarisch zerrissen werden. Hymnen werden unvermeidlich breit gesungen, Mozarts Weise aber gehört flüssig genommen; bundeshymnisch breit interpretiert wirkt sie unerträglich. Dazu ist sie weder geschaffen noch geeignet.

Haydns großartige Weise entstand nicht in einem Zug: Ansätze dazu finden sich schon in früheren Werken. Aber in ihrer langsam herangereiften endgültigen Fassung ist sie der seltene Glücksfall einer zweckgebunden geschaffenen Weise, in der alles so selbstverständlich und in ihrem Bogenbau so sehr Land und Leute spiegelnd geworden ist, daß sie mit Recht die Hymne unseres Bodens wurde.

Freilich, der westdeutsche Nachbar hat sie uns ewig Nachhinkenden kurzerhand und mutig weggenommen. Und wer bei uns wird wohl den Mut finden, durch das berechtigte Bekenntnis zur Haydn-Hymne anzuerkennen, wie wenig Mut wir vor etlichen, Jahren — wieder einmal ... — zur eigensten Sache gehabt haben?

Prof. -Robert S c h o 11 u m 'Vorsitzender der „Musikalischen Jugend Oberösterreichs"

NIEDERÖSTERREICH

Ihre Anregung, daß Oesterreich wieder zu seiner angestammten Hymne zurückkehrt, halte ich nicht nur für einen sehr begrüßenswerten Vorschlag, sondern auch für eine außerordentlich glückliche Idee, die verdient, geradezu persönliches Anliegen jedes einzelnen Oesterrei- chers zu sein. Oesterreich konnte und kann stolz darauf sein, daß seinem großen Sohn Joseph Haydn eine der schönsten melodischen Eingebungen gerade für jene Weise geschenkt wurde, die dazu bestimmt war, die Liebe zur engeren Heimat innig und zugleich feierlich zu repräsentieren. Daß Haydns ergeifende, jede falsche Sentimentalität ausschließende Töne wirklich allgemeinster musikalischer Eigenbesitz des Oesterreichers waren, braucht nicht besonders betont zu werden. Aber auch die ersten Textworte waren im Volk so verwurzelt, daß man sehr häufig gar nicht von der Volkshymne sprach, es hieß einfach, bei dieser und jener Feier wurde auch das „Gott erhalte" gesungen. Das zeigt auf, welche Wichtigkeit dem Text zukommt, wenn er jener von äußeren Zeitlichkeiten unabhängig einigenden Kraft der Melodie Gleichgewicht halten soll, zu der zurückzukehren ein Vorwärtsschreiten bedeuten wird zu einem neuen felix Austria.

Prof. Dr. Gustav K o s 1 i k Chefdirigent des Niederösterreichischen T onkünstler-Orchesters

SALZBURG

Zu der Anregung, im Haydn-Jahr 1959 zur angestammten Haydn-Hymne zurückzukehren, wäre folgendes zu sagen:

Bei der Inangriffnahme des Planes sind zwei Gesichtspunkte zu unterscheiden; der eine betrifft die Musik, der andere den Text. Was die Musik anbelangt, kann es keinen Zweifel unterliegen, den Plan zu bejahen, denn unsere alte österreichische Volkshymne wurde in der ganzen Welt und zu jeder Zeit als die schönste und weihevollste aller Nationalhymnen anerkannt und auch ihrer friedvollen musikalischen Wirkung wegen hochgeschätzt. Joseph

Haydn, dem wohl auch eine rührende Volksmelodie im Ohre gelegen sein mag, hat hier vollbewußt einen vaterländischen Hymnus geschaffen, der ebenso im Volkschor wie im Instrumentalsatz „vom Herzen kommt und zum Herzen dringt“.

Was die Frage des Textes anbelangt, so handelt es sich hier um ein schwieriges Problem, das mehrfache Forderungen erhebt, und zwar nach einem Dichter, der aber auch, da es sich um eine Textunterlegung handelt, ein musikalisch empfindender Künstler sein und zudem die Fähigkeit besitzen müßte, dem Ingenium seiner Textworte eine nach innen und außen gerichtete neutrale Begrenzung zu verleihen und, von echter Vaterlandsliebe erfüllt, so volkstümlich zu wirken, wie es einer Nationalhymne geziemt.

Gelingt es, diesen Text zu finden, dann sollte der schöne Plan auch ungesäumt zur Erfüllung gelangen. Uebrigens hat Haydn selbst in dem zweiten Satz seines Streichquartetts op. 76, Nr. 3, dem wunderbaren Thema der alten österreichischen Volkshymne ein alle Texte überdauerndes Tondenkmal gesetzt.

Prof. Heinrich D a m i s c h( Ehrenmitglied der Internationalen Stiftung Mozarteum

( VORARLBERG

Das Haydn-Jahr erscheint mir als eine Gelegenheit für Oesterreich, zur angestammten Haydn-Hymne zurückzukehren. Musikalisch sicher eine der schönsten Hymnen, die ein Land besitzt, ist sie auch wirklich Allgemeingut der

Bevölkerung im Gegensatz zu der derzeitigen Mozart-Hymne. Selbstverständlich muß ein neuer Text geschaffen werden, in dem die Treue zum Vaterland Oesterreich und zur großen Tradition unseres Landes zum Ausdruck kommt. Damit dürften auch Bedenken jener österreichischen Kreise, die in der Haydn-Hymne ausschließlich die alte Kaiserhymne sehen, zu überwinden sein.

Dipl.-Ing. Ernst Bär Direktor der Festspielgemeinde Bregenz

'STEIERMARK

Ohne Zweifel ist die derzeitige Hymne der österreichischen Republik meisterhaft und schön, feierlich und ausgeglichen. Ihr melodischer Duktus wäre sicherlich geeignet, Gemeingut eines Volkes zu werden. Wenn dies in den Jahren seit 1945 dennoch nicht erreicht werden konnte, so liegt dies an der langen Tradition der alten österreichischen Hymne, deren musikalische Kraft sich als größer erwiesen hatte, als die den verschiedenen politischen Schicksalen, die unser Land zu tragen hatte, mehr oder weniger verhafteten Texte. In der Melodie Joseph Haydns ist österreichisches Volksempfinden einmalig Ton geworden. Es erschiene das Gedenkjahr für Joseph Haydn mir als geeigneter Anlaß, zu dieser Melodie als Ausdruck des österreichischen Volksbewußtseins und seiner staatlichen Repräsentation zurückzukehren.

Zur Textfrage möchte ich nicht Stellung nehmen. Ich glaube, daß keiner der der Melodie bisher unterlegten Texte die Kraft ihrer Musik annähernd erreicht hat. Ich weiß aber auch nicht, ob es irgend jemandem gelingen könnte, einen solchen Text zu schreiben.

Prof. Dr. Erich M a r c k h I

Landesmusikdirektor für die Steiermark

TIROL

Es ist erfreulich und sehr zu begrüßen, daß sich die „Oesterreichische Musikzeitschrift“ entschlossen hat, dieses schon längst fällige, aber noch immer nicht gelöste Problem aufzugreifen und eine Entscheidung anzuregen beziehungsweise herbeizuführen. Ich glaube, daß es keinen Oesterreicher gibt, ausgenommen jene, die mit Vorurteilen irgendwelcher Art beladen sind, dessen Herzenswunsch es nicht seit langer Zeit wäre, endlich wieder die traditionelle, angestammte und so liebenswerte Haydn- Hymne bei allen öffentlichen Anlässen zu hören und zu singen. Nichts gegen die Eignung der augenblicklichen Mozart-Hymne! Die herrlichen Worte, die ihr unterlegt wurden, entsprechen zweifellos vollkommen dem Sinn einer österreichischen Hymne. Ein Zurückgreifen auf-die seit Generationen bekannte und beliebte Haydn- Hymne würde jedoch nicht einer konservativen Haltung entsprechen, sondern nur Ausdruck dessen sein, was sicherlich die meisten Oesterreicher empfinden: Wir haben es nicht notwendig, unser Vaterland zu verleugnen und uns etwas wegnehmen zu lassen, was uns ein berühmter Sohn unseres Landes in einem genialen Augenblick geschenkt hat.

Prof. Kurt R a p f Direktor des Landeskonservatoriums in Innsbruck

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