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Die Kirche und das Land

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Der katholischen Kirche kam in Tirol stets eine hervorragende Stellung zu. Durch Jahrhunderte waren Brixen und Trient die Hauptdiözesen Tirols. Im Westen des Landes reichte allerdings das noch in der Römerzeit gegründete Bistum Chur herein, bis es im Zuge der politischen Ereignisse der napoleonischen und nachnapoleonischen Zeit aus Tirol und Vorarlberg hinausgedrängt wurde. Der Osten Nordtirols gehört auch heute noch zur Erzdiözese Salzburg.

Im 11. Jahrhundert wurde das Gebiet des Landes Tirol durch die deutschen Könige Heinrich II. und Konrad II. an die Bischöfe von Brixen und Trient zu Lehen gegeben. Damit begann auch die Entwicklung Tirols als eigenes politisches Gebilde. Eine Reihe von Talschaften wurde aus der unmittelbaren Gewalt der bayerischen Herzöge herausgenommen und kam auf dem Umweg über die Belehnung der vorerwähnten Bischöfe in die Vogteigewalt mächtiger Geschlechter des Landes, so der Grafen von Tirol, Eppan-Ulten und Andechs-Meranien. Dem Vater Tirols, Graf Meinhard II., gelang es, im 13. Jahrhundert den Hauptteil Tirols, insbesondere das Etsch-, Eisack- und Inntal, zu einem einheitlichen politischen Gebiet zusammenzufassen. Dabei blieb es auch durch die weiteren Jahrhunderte, mit Ausnahme von 1810 bis 1814 und seit 1918. Tirol hatte sich daher trotz der Belehnung der Bischöfe von Brixen und Trient nicht als geistliches Fürstentum entwickelt wie etwa Salzburg, aber es blieb mit wenigen Ausnahmen stets ein besonders enges Verhältnis zwischen dem Volk und seinen führenden Männern einerseits und der hohen und insbesondere niederen Geistlichkeit anderseits.

In der Neuzeit nahm eine innerkirchliche Restauration Reformen vorweg, die in anderen österreichischen Ländern erst ein bis zwei Jahrhunderte später mit Hilfe der Staatsgewalt durchgeführt wurden. Die Abhaltung des großen Reform-Konzils zu Trient ist sicher weltpolitischen Gründen zuzuschreiben, hatte aber auch auf das Land Tirol große Auswirkung. Seit 1603 hatte Tirol in Brixen ein eigenes Priesterseminar, in dem Landeskinder ausgebildet wurden, sowie eine moderne Dekanatsverfassung. Schon in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts setzte eine Welle von Seelsorgegründungen in kleineren Orten ein.

Die alten Tiroler Stifte — ich erwähne nur Wilten, St. Georgenberg/Fiecht, Stams, Marienberg und Neustift — haben im Laufe der Jahrhunderte bedeutsame seelsorgliche und kulturelle Arbeit geleistet. Das Stift Stams wurde über Wunsch von Graf Meinhard II. nicht nur zur Familiengrabstätte der Grafen von Görz-Tirol, sondern auch der späteren Tiroler Landesfürsten.’

Im Zuge der Gegenreformation und kirchlichen Restauration kamen Orden nach Tirol, die hier teils früher als in anderen österreichischen oder deutschen Ländern Fuß faßten. Die ersten Klöster fanden im Gebiet des späteren Landes Tirol bereits im 4. und 5. Jahrhundert ihre Ausbreitung. Von enormer Bedeutung und Breitenwirkung war und ist auch heute noch die theologische Fakultät in Innsbruck mit dem Kollegium Canisianum. Zahllose Bischöfe der ganzen Welt fanden darin ihre theologische Ausbildung. Der dadurch geschaffene Kontakt mit Tirol und Österreich muß als sehr wertvoll angesehen werden.

Das Wesentliche im Verhältnis zwischen Kirche und Land Tirol scheint mir jedoch, daß die Mehrzahl der Tiroler Bevölkerung in diesem bald zu Ende gehenden Jahrtausend stets von einer echten und tiefen Glaubenstreue erfüllt war. Dies ging so weit, daß die Kämpfe in den Jahren 1796/97 und 1809 von der einfachen Tiroler Bevölkerung geradezu als Glaubenskriege angesehen wurden. Diese innige Verbindung Tirols mit dem katholischen Glauben erreichte im Herz-Jesu-Bund vom Jahr 1796 ihren Höhepunkt. Immer wieder konnte man feststellen, daß, wenn unser Land angegriffen wurde, auch die hohen und edlen Grundsätze der katholischen Religion und das christliche Leben unseres Volkes in Gefahr waren. Das Gelöbnis der Tiroler Landschaft vom 1. Juni 1796 in Bozen wurde im Jahre 1959 feierlich erneuert und gleichzeitig der „Hohe Frauentag”, der 15. August, zum Landesfeiertag von Tirol erklärt.

Das im Laufe der Jahrhunderte entstandene innige Verhältnis zwischen der katholischen Kirche und dem Land Tirol bzw. seiner Bevölkerung blieb auch nach dem Ende des zweiten Weltkrieges erhalten. Selbstverständlich hat das moderne Leben mit seiner mate-

rialistischen Einstellung an den Grenzen und vor den Bergen Tirols nicht halt gemacht. Einer sich zum Teil abzeichnenden gewissen Oberflächlichkeit in der katholischen Haltung trat jedoch insbesondere Bischof Dr. Rusch mit Erfolg entgegen. Durch die sehr geförderte katholische Laienbewegung und durch eine verstärkte katholische Vereins- und Akademikerbewegung wurden das katholische Leben erhalten und vertieft und die Heranbildung katholischer Aktivisten gesichert. Die zahlreichen Bauten katholischer Kirchen in Tirol — es sind dies allein 14 während der Amtszeit von Bischof Dr. Rusch — sind ein sichtbares Zeichen der größeren katholischen Aktivität.

Das Land Tirol hat in den letzten 10 Jahren für Kirchenbauten und Kirchenrenovierungen über 8 Millionen Schilling zur Verfügung gestellt, dazu kommen noch 4 Millionen, die aus Landesmitteln im Wege des Denkmalamtes für kirchliche Objekte aufgewendet wurden. Für die Wiederaufbauarbeiten des Salzburger Domes und des Stephansdomes wurden seitens des Landes insgesamt über 1 Million Schilling gespendet. Der Budgetentwurf für das Jahr 1964 sieht einen Beitrag für Kirchenbauten von 4 Millionen Schilling vor.

Die gute und intensive Zusammenarbeit zwischen Landesregierung und Apostolischer Administratur bewährte sich insbesondere auch bei der Schaffung und dem Betrieb des Volksbildungsheimes Grillhof in Vill, in dem durch äußerst wertvolle Kurse auf verschiedensten Gebieten eine beachtliche Volksbildungsarbeit geleistet wird, die auf das ganze Land ausstrählt.

Durch die Schaffung des Priesterseminars in Innsbruck-Hötting wurde der so wichtigen Förderung des Priesternachwuchses die gebührende Aufmerksamkeit gezollt.

Im Land Tirol wird daher auch in Zukunft die katholische Kirche ihre dominierende Stellung, behaupten zum Wohle des Landes, zum Wohle seiner Bevölkerung und zur Sicherung einer glücklichen Zukunft für unsere Jugend.

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