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Ein Werk Haydns entdeckt

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Die Haydn-Society ist bei ihren Arbeiten für die geplante Haydn-Gesamt-ausgabe von besonderem Glück im Auffinden bisher unbekannter Quellen in den österreichischen Klöstern begünstigt gewesen.

Selbstverständlich betrifft der größere Teil dieser Entdeckungen zusätzliche Manuskriptabschriften von Orchesterstimmen jener Werke, die bereits bekannt sind. Diese Kopien sind jedoch keineswegs nutzlos; sie werden von den Herausgebern, die den endgültigen Text vorbereiten, zu Vergleichszwecken benötigt. Um ein Beispiel zu wählen: Eine Abschrift der Zweiten Symphonie wurde im Benediktinerstift Lambach entdeckt. Bei ihrer Prüfung stellte sich heraus, daß es sich hiebei um die wertvollste vorhandene Quelle für dieses Werk handelt, da Haydns Autograph seit langem verschollen ist und der Herausgeber auf nur zweitrangige Quellen angewiesen war. Natürlich ist aber eine Entdeckung von Haydn-Kompositionen, die bis heute als unwiederbringlich verloren angesehen werden mußten, noch viel wertvoller.

Haydn war in der Aufbewahrung der Kopien seiner Konzerte ziemlich sorglos. In der fürstlich Eszterhazyschen Musikkapelle befanden sich viele Vir tuosen, für die Haydn bestimmte Konzerte speziell komponierte. Unter diesen Konzerten sind: eines für Flöte, verschiedene für Violine und Cello, eines für Kontrabaß, zwei für Horn, eines für zwei Hörner und eines für Trompetei letzteres war allerdings für einen Wiener Künstler bestimmt (1796). Fast alle diese Konzerte sind verlorengegangen. Die einzige Aufzeichnung darüber findet sich in einem der beiden Kataloge, die Haydn selber von seinen sämtlichen Werken gemacht hat. Die Situation wird noch komplizierter durch die Tatsache, daü der vollständigere Katalog zu einer Zeit zusammengestellt wurde, als der Meiste! schon sehr alt und schwach war und da zu neigte, viele seiner Jugendorchester werke zu vergessen. Ein Beispiel hiefür; ist das Konzert in D-dur für Horn und Orchester (1762), das im Archiv der Ge Seilschaft der Musikfreunde liegt, jedoctf in keinem der beiden Haydn-Katalogd aufscheint. Das gleiche gilt für das Violinkonzert in G-dur, von dem eben falls eine alte Abschrift im Archiv der; Gesellschaft der Musikfreunde auf bewahrt wird.

Von den drei In Haydns Katalog auf geführten Violinkonzerten — zu denen“ noch das zuvor erwähnte, in Haydns; Verzeichnis nicht genannte in G-dur hin zukommt — haben bis heute zwei als! verloren gegolten, eines in A-du? und eines in D-dur. Von diesen beider kennt man nicht nur die Eröffnungs themen, sondern auch die Instrumerw tation. Letztere ist in den handgeschrie benen Kopien des im 18. Jahrhundert von Breitkopf periodisch heraus gegebenen Katalogs zu finden. In diesen Zusammenhang ist der große Pionier de. Haydn-Forschung, C. F. Pohl, zu zitieren, der in seiner Haydn-Biographie alle; Violinkonzerte als verloren aufführt. (1879). Im Jänner dieses Jahreä hat nun die Haydn Society die einzige existierende Ken pie eines dieser Violinkon zerte, des Konzerts inA-dur entdeckt. Dieses Konzert dürfte da3 letzte in dieser Form von Haydn kom ponierte Werk sein, da seine Eintragung in das erste Haydn-Verzeichnis etwas, später als die der anderen zwei erfolgte. Die zeitgenössische Abschrift, ein Satz Orchesterstimmen, wurde von Christa Fuhrmann im Benediktinerstift Melk, wo sie seit Jahren gelegen ist und anscheinend von allen früheren Gen nerationen von Haydn-Forschern übersehen wurde, gefunden. Die Orchesterstimmen sind komplett mit Ausnahme der Oboenparts, die für den Gebrauch in der bevorstehenden Schallplattenaufnahme mit Edith Bertschinger als So listin und Anton Heiller als Dirigenten rekonstruiert werden müssen. Der Stil dieses Violinkonzerts läßt erkennen, daß es sich hier um ein Werk handelt, das vor 1770, wahrscheinlich 1765, geschrieben wurde. Die Melodienführung er innert in manchem an Werke Philipp Emanuel Bachs. Ein Cembalo füllt die fehlenden Harmonien, wie es in der Musik der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts üblich war. Das Werk umfaßt drei Sätze: ein Moderato, ein Adagio Moderato und ein Allegro als Finale. Es ist für zwei Oboen, zwei Hörner, Strei eher und Cembalo geschrieben und war zweifellos für Haydns Konzertmeister Luigi Tomasini bestimmt.

Es ist zu hoffen, daß noch manches Wertvolle im Laufe der weiteren For schungen entdeckt werden wird.

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