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Gebet in einer ausweglosen Situation

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Die Toten kann man nicht mehr zählen, und die Verbrecher gehen straffrei aus. Diese allgegenwärtige Gewalt hat seit Beginn der Krise die Priester nicht verschont. Aber die Verbrecher sollen wissen, daß wir ihrer Erpressung nicht nachgeben werden." So lautet der jüngste Appell der Bischöfe aus Burundi. In dem kleinen ostafrikanischen Land herrscht seit mehr als zwei Jahren ein bürgerkriegsähnlicher Zustand. Eine Million Menschen sind in die Nachbarstaaten geflohen, die Zahl der Getöteten wird auf 100.000 geschätzt. Die ausufernde Gewalt erfaßt immer häufiger auch Mitarbeiter der Kirche, weil sie sich für die Aussöhnung zwischen den rivalisierenden Volksgruppen einsetzen. Aus Solidarität veranstaltet C.S.I. am 22. März in Wien einen Schweigemarsch. Treffpunkt ist um 17 Uhr bei der Staatsoper. Beim an schließenden ökumenischen Gottes dienst im Stephansdom, wird der Ge neralsekretär der Bischofskonferenz von Burundi, Gabriel Bargensabe über die Situation in seinem Heimatland berichten. Bargensabe wurde wiederholt mit dem Tod bedroht, weil er die Greuel und den Machthunger der Politiker öffentlich verurteilte.

Ähnlich wie in Ruanda leidet das Land am blutigen Konflikt zwischen zwei Volksgruppen. 85 Prozent der Bevölkerung Bu rundis sind Hutu, ein fache arme Bauern, de nen die Schulbildung verwehrt blieb. Ihnen stehen 14 Prozent Tutsi gegenüber, meist reiche Viehzüchter und Armeeangehörige. Im Sommer 1993 gab es Foto es i. erstmals freie Präsidentenwahlen, bei denen die Hutu-Partei Frodebu als Sieger hervorging. Der neugewählte Präsident Melchior Ndadaye kam wenig später bei einem von Tutsi inszenierten Putschversuch ums Leben. Eine Welle von Massakern war die Folge.

Zwar einigte sich die Frodebu im vergangenen Sommer mit den Tutsi über die Aufteilung der Macht. Doch die neue Begierung ist unfähig, die plündernden Sicherheitskräfte zu kontrollieren. Das Rechtssystem ist lahmgelegt. Zeitungen veröffentlichen „Todeslisten", in denen zur Ermordung führender Persönlichkeiten der jeweils anderen ethnischen Gruppe aufgefordert wird. Unter ihnen befinden sich auch zahlreiche Priester und Bischöfe. Ihr Engagement ist den verfeindeten Gruppen ein Dorn im Auge. Denn die Kirche ist der einzige Ort, an dem sich die Menschen als Christen begegnen können und nicht nach Volksgruppen getrennt werden.

„Die Herzen haben sich zu Steinen verwandelt", klagt Simon Ntamwa-na, Erzbischof der Hauptstadt Bu-jumbura. Einen Ausweg aus der schwierigen Situation ist nicht in Sicht. Der UNO-Sicherheitsrat konnte sich Anfang März nicht auf die Schaffung einer Friedenstruppe für Burundi einigen. Erzbischof Ntam-wana meinte zu dieser Entscheidung: „Wenn alle menschlichen Lösungsversuche versagen, hilft nur mehr das Gebet."

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