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Geduld und Zurückhaltung

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Für diese Auffassung spricht auch die Erwiderung des Papstes auf einen von Kardinal Bertram erstatteten Bericht über die Bischofskonferenz von Fulda (vom 8. September 1940), in der es heißt:

„Fühlbare Genugtuung haben Uns Deine Worte über das volle Verständnis bereitet, das Ihr für die Haltung des Heiligen Stuhles im Kriege habt. Nicht um eine öffentliche Kundgebung von Eurer Seite anzuregen, haben Wir diese Angelegenheit in Unserem Schreiben (vom 6. August 1940, Nr. 53) ausführlich besprochen, sondern weil Uns daran gelegen ist, daß keine Spur von Mißverständnis sich von dieser Seite zwischen Uns und die deutschen Katholiken einniste. Wir sind Uns sogar bewußt, gerade wegen der kirchlichen Not, in der Ihr lebt, in Unserem Verhalten den kriegerischen Auseinandersetzungen gegenüber auf niemand soviel Rücksicht genommen zu haben wie auf das deutsche Volk“ (Brief vom 8. Dezember 1940, Nr. 57).

Dieser Rücksichtnahme auf die besondere — nur geschichtlich zu verstehende — Lage der katholischen Kirche in Deutschland hat Pius XII. große Opfer an Geduld und Zurückhaltung gebracht. Der katholischen Kirche in Deutschland war eine überragende Persönlichkeit im Episkopat seit 1918 nicht be- schieden gewesen; auch hätte der nationalsozialistische Führerstaat eine solche kirchliche Persönlichkeit nationalen Ranges — wie sie etwa der jetzige Primas für Polen darstellt — nicht oder nicht lang neben Hitler geduldet. Pius XII. aber mochte von sich aus die deutschen Bischöfe und Katholiken aus verschiedenen, sehr triftigen Gründen nicht zum Widerstand gegen das Regime und damit allenfalls zum Martyrium ermuntern.

Die Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus konnte — bei aller Hoffnung auf den Erfolg einer weltlichen Widerstandsbewegung — offenbar nur durch eine stärkere Macht von außen beseitigt werden. In dieser Zeit schreibt Pius XII. an Roosevelt (Brief vom 6. August 1940, Dokument 379 des I. Bandes), bei der unablässigen Suche nach einem gerechten Frieden empfinde er „ein deutliches Gefühl des Trostes in dem Gedanken, daß Wir nicht ohne die machtvolle Unterstützung des Präsidenten der Vereinigten Staaten sein werden“.

Die Briefe des Papstes an die deutschen Bischöfe brechen erst im März 1944 ab, nachdem sich Italien vom deutschen Bündnis hatte lösen können und die Offensive der Alliierten Rom überrollt hatte. Diese Briefe müssen stets im Zusammenhang mit der politischen und militärischen Entwicklung der weiteren Kriegsjahre gelesen und gewürdigt werden. Zu ihrem vollen Verständnis bedarf es der Kenntnis der in Aussicht gestellten folgenden Bände der vatikanischen Akten.

(Ende des Berichtes über den zweiten Band.)

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