Burckhardt - © Foto: picturedesk.com / SZ-Photo / Blanc Kunstverlag

Jacob Burckhardt: Weitblickender Epochenkritiker

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Vor 125 Jahren, am 8. August 1897, ist der große Schweizer Kulturhistoriker Jacob Burckhardt gestorben. Seine hellsichtige Vorausschau auf die Zukunft Europas hat sich inzwischen auf erschreckende Weise bewahrheitet.

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Vor 125 Jahren, am 8. August 1897, ist der große Schweizer Kulturhistoriker Jacob Burckhardt gestorben. Seine hellsichtige Vorausschau auf die Zukunft Europas hat sich inzwischen auf erschreckende Weise bewahrheitet.

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Mit einer verheerenden Wiederkehr revisionistischer Ansprüche meldet sich die Geschichte zurück in diesen Monaten. Die Illusion vom Ewigen Frieden, den Immanuel Kant einst beschworen hat, zerbirst mit Getöse vor unseren weit geöffneten Augen. Wir finden uns in der größten denkbaren Krise wieder, dem Krieg. Die Krise war Jacob Burckhardts Domäne. Für den 1818 geborenen Schweizer Kulturhistoriker galt der Modus der Krise als das maßgebliche geschichtliche Phänomen. Am außergewöhnlichen Umstand von Umbrüchen und Zeitenwenden ließe sich die Wesensart von historischen Epochen am sinnfälligsten beschreiben, meinte er. Die erfahrungsreichste Krise ist nach Burckhardts Ansicht der Krieg. Hier folgt er Heraklit und dessen Maxime, „der Antagonismus sei die Ursache alles Werdens“. In den erst nach seinem Tod veröffentlichten „Weltgeschichtlichen Betrachtungen“ stellte Burckhardt, abgeleitet von seinen Studien zur Antike, fest: „Ein Volk lernt wirklich seine volle Nationalkraft nur im Kriege, im vergleichenden Kampf gegen andere Völker kennen, weil sie nur dann vorhanden ist.“ Darauf folgt indes die Einschränkung: „Nur müsste es womöglich ein gerechter und ehrenvoller Krieg sein, etwa ein Verteidigungskrieg, wie der Perserkrieg war. Ein wirklicher Krieg um das gesamte Dasein.“

Obwohl der Abwehrkampf gegen einen Angreifer in einem Volk oftmals „die Kräfte im Dienst eines Allgemeinen und zwar des höchsten Allgemeinen sich entfalten lässt“, müsse alles getan werden, um Krisen zu vermeiden. Denn Kriege brächten meist „nicht viel mehr als Elend mit sich“ und überforderten die nationale Substanz: „Krisen treiben das Große wohl hervor, aber es kann das Letzte sein.“

Burckhardt, der vorsichtige Basler Humanist, wirkungsmächtige Kunst- und Kulturkritiker, weitblickende Zeit- und Epochenkritiker, war geprägt vom Misstrauen gegenüber der Macht, insbesondere gegenüber den Ausprägungen moderner Macht: jener des Geldes, der (verführungswilligen) Masse, des (verführungsbereiten) Cäsarismus.

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