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Mehr als eine Niederlage

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Vor drei Jahren hat sich „Die Furche“ mit der Bedeutung des Frankfurter Fürstentages beschäftigt, mit diesem letzten Versuch der Mitglieder des Deutschen Bundes, die gesamtdeutsche Frage friedlich au lösen. Damals konnte festgesteilt werden, daß das „Nein“ Preußens zu den Bemühungen dieser gesamtdeutschen Gipfelkonferenz deren Ergebnisse zu vereiteln wußte. Denn die Absichten des neuen preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck-Schönhausen gingen dahin, dien seit mehr als einem Jahrhundert bestehenden „Dualismus“ zwischen Österreich und Preußen zugunsten seines Königs und Staates EU überwinden. — Im gleichen Jahre 1963 waren zweihundert Jahre vergangen seit dem Hubertusburger Frieden, aus dem Preußen, nicht seiner Ausdehnung, sondern seinem Rang nach, als Großmacht hervorging, nachdem es Friedrich H. gerade noch und mit russischer Hilfe gelungen war, sich aus einer neuen Umklammerung zu lösen. In diesen Tagen nun vollendet sich ein Jahrhundert, da es Bismarck gelang, durch den Sieg von Königgrätz Preußen zur führenden Macht im kleindeutschen Raum zu machen, den Abschluß einer Entwicklung zu erreichen, von der noch W. S. Churchill sagte: „Königgrätz war nicht nur eine verlorene Schlacht, es brachte auch den Verlust der europäischen Mitte.“

Nicht umsonst hatte schon Prinz Eugen von Savoyen an der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert seinen Kaiser eindringlich vor der Einwilligung zur Erhebung des souveränen Herzogtums Preußen zum

Königreich gewarnt, denn „eine zweite Majestät im Reich“ könne seinen Bestand ernstlich bedrohen. Die neue Wende stellte das Jahr 1740 dar, von da ab verschob sich der Schwerpunkt des europäischen Schicksals immer deutlicher in west- östlicher Richtung, an welcher Entwicklung auch zahlreiche Bündnis- wechsei nichts zu ändern vermochten. Denn auch in den Zeiten politischen Zusammengehens, etwa gegen die Französische Revolution und den korsischen Imperialismus, blieben die dualistischen Spannungen bestehen. Der Wiener Kongreß brachte freilich eine wesentliche „Entschärfung“, im Rahmen des Deutschen Bundes suchte man nach möglichstem Ausgleich in der Abwehr liberaler Strömungen und neuer Hegemoniebestrebungen.

Selbst Wilhelm von Humboldt erklärte zum Deutschen Bund: „Man muß auf keine Weise den wahren und eigentlichen Zweck des Bundes vergessen, insofern er mit der europäischen Politik zusammenhängt. Dieser Zweck ist Sicherung der Ruhe; das ganze Dasein des Bundes ist mithin auf Erhaltung des Gleichgewichtes durch innewohnende Schwerkraft berechnet; diesem würde eine Verschiebung der Machtverhältnisse nur entgegenarbeiten und die eben gewonnene Ruhe Europas aufs empfindlichste gefährden.“ Und noch Bismarck fand vor dem preußischen Landtag als Verteidiger des Bundes Worte höchster Anerkennung für diese Schöpfung Metternichs. Jetzt aber war es „sein Schicksal“, diesen Deutschen Bund und damit die Mitte Europas zu zerstören.

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