Nationalratswahl 1945  - © Foto: ???

Nationalratswahl 1945: Aufbruch zu neuen Ufern

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Vor 75 Jahren stand das besetzte Österreich am Scheideweg. Die ersten freien Wahlen der Zweiten Republik sollten über die Richtung entscheiden, in die das Land gehen würde. Rekonstruktion eines prägenden Ereignisses.

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Vor 75 Jahren stand das besetzte Österreich am Scheideweg. Die ersten freien Wahlen der Zweiten Republik sollten über die Richtung entscheiden, in die das Land gehen würde. Rekonstruktion eines prägenden Ereignisses.

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Die Nationalratswahl fiel auf das Ende einer Woche, die für Wien wieder einmal einen Engpass in der Lebensmittelversorgung gebracht hatte. Nur ein kleiner Teil der auf den Lebensmittelkarten enthaltenen Abschnitte war einlösbar. Weder die bescheidenen Fleischrationen noch die vorgesehene Menge an Fett waren erhältlich. In der vorgesehenen Menge erhielten die Wiener bloß Brot und Hülsenfrüchte. Viele hungerten, viele froren. Dennoch herrschte an diesem nasskalten Novembertag Zuversicht, an diesem grauen Sonntag, an dem Österreich die Weichen für die Zukunft stellte.

Am 25. November 1945 fanden in ganz Österreich auf Bundes- und Landesebene freie Wahlen
statt, der erste bundesweite Wahlgang seit dem Jahr 1930. In der Chronologie des Jahres 1945
gehören sie neben der Unabhängigkeitserklärung vom 27. April 1945, der Bildung der Provisorischen Staatsregierung Renner sowie der Länderkonferenz vom 24. bis 26. September 1945 zu den zentralen Ereignissen im Prozess der Staatsbildung der Zweiten Republik.

Drängen auf freie Wahlen

Bereits in der Geburtsstunde des neuen Österreich, im Frühjahr 1945, stellte sich die Frage nach der Abhaltung freier Wahlen. Doch bedurfte es zuerst eines innerstaatlichen Einvernehmens, vor allem mit den westlichen Bundesländern, die anfangs der von den Sowjets eingesetzten Provisorischen Staatsregierung Renner mit Misstrauen begegneten. Außerdem mussten die vier Besatzungsmächte ihr Placet geben. Für beides war die Erste Länderkonferenz Ende September entscheidend: Die Provisorische Staatsregierung wurde anerkannt, die Abhaltung gesamtösterreichischer Wahlen beschlossen.

Innerösterreichisch waren vor allem die SPÖ, namentlich Staatskanzler Karl Renner, und die ÖVP, dort vornehmlich Leopold Figl und Julius Raab, für rasche Neuwahlen eingetreten. Die KPÖ übte einen hinhaltenden Widerstand, den sie allerdings schon im Vorfeld der Ersten Länderkonferenz aufgab, insbesondere da ihr dabei die Rückendeckung der Russen fehlte.

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