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Ringen um das Land der Ahnen

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Dieses Buch ist ein Plädoyer für einen anderen Umgang mit kleinen Völkern, denen das Recht auf Selbstbestimmung häufig vorenthalten wird.

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Dieses Buch ist ein Plädoyer für einen anderen Umgang mit kleinen Völkern, denen das Recht auf Selbstbestimmung häufig vorenthalten wird.

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Russel Means, ehemaliger Führer des American Indian Movements, bringt das Dilemma auf den Punkt: „Die einzige Möglichkeit, eine Erklärung wie diese zu beginnen, ist zu sagen, daß ich das Schreiben hasse. Denn in diesem Vorgang selbst drückt sich die europäische Auffassung ,richtigen1

Denkens aus; dem Geschriebenen wird eine Bedeutung zugemessen, die man dem Gesagten abspricht.“ Die Rechte der indigenen Völker sind in aller Regel nicht durch Schriftstücke fixiert, sondern durch Traditionen. Ihre angestammten Lebensräume werden durch die dominierenden Gesellschaften unserer Erde im Zuge deren globaler Expansion okkupiert, was nicht nur zur Zerstörung der einzigartigen Kultur der Indigenen führt, sondern auch zur Vernichtung hochsensibler Le: bensräume.

Ein afrikanisches Sprichwort beschreibt das Vordringen der Erobe rer, das nicht selten mit einer Vertreibung oder Unterjochung der Eingeborenen verbunden ist, lakonisch: „Sie kommen immer zu dritt: der Händler, der Soldat und der Missionar.“ Im Verhalten der Eroberer lassen sich immer wieder die gleichen Voraussetzungen beschreiben: Die materiellen Werte der eigenen Zivilisation sind kulturelle Universalien, die eigenen religiösen Vorstellungen sind ultimative Wahrheiten, die traditionell lebenden Stammesgesell- schaften können die materiellen Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung nicht erfüllen und selbstverständlich ist der analytische Sachverstand jenem der Eingeborenen überlegen.

Manche Auswirkungen sind einfach zu beschreiben: In Guatemala ist die Lebenserwartung der Indianer zehn Jahre niedriger als bei der weißen Bevölkerung, die Kindersterblichkeit doppelt so hoch, vom Analphabetismus sind 85 Prozent der Indianer betroffen, die Latinos zu 65 Prozent. In Südmexiko verloren die Mayafrauen ihre traditionel le Gleichstellung mit dem Mann. Noch 1970 mußten indianische Arbeiter auf manchen Fincas (Großgrundbesitzungen) ihre jungfräulichen Töchter dem Patron übergeben, damit dessen Söhne oder Verwalter sie entjungfern konnten. Die Lebensbedingungen der Mpunyu in Ruanda haben sich (die Daten stammen von vor der Zeit des Bürgerkrieges) derart verschlechtert, daß die Säuglingssterblichkeit auf 50 Prozent angestiegen ist.

70 Prozent der weltweiten Uranvorkommen liegen in den Gebieten indigener Völker, für Endlagerstätten werden „strukturschwache“ Regionen bevorzugt, Atomtests werden in jenen Gebieten durchgeführt, in denen marginalisierte Bevölkerungsgruppen leben.

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