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Sein Schicksal war Napoleon

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Die Welt besitzt in der „Geschichte der Päpste“ aiįis der Feder des österreichischen Historikers Pastor ein Monumentalwerk über die Nachfolger des hl. Petrus seit dem 14. Jahrhundert. Leider gibt es bis heute kein modernes Werk über das Kardinalstaatssekretariat und dessen Inhaber, ein Mangel, der sehi fühlbar ist. Denn der Kardinalstaatssekretär ist der wichtigste Mitarbeiter des jeweils regierenden Papstes. Die populäre Meinung bezeichnet ihn als eine Art Außenminister der Kirche. In Wirklichkeit ist er viel mehr, nämlich eine Art Ministerpräsident, Innen- und Außenminister des Papstes, dem es immer möglich ist, eine weitgehende Einflußnahme auf die Richtung der päpstlichen Herrschaft auszuüben. So ist es bekannt, daß die franzosenfreundliche Politik Leos XIII. auf das Konto seines Staatssekretärs Rampolla zurückzuführen ist, ebenso die unglückliche, reaktionäre Regierung Gregors XVI. im Kirchenstaat auf das Konto seines Staatssekretärs Lambruschmi- Die enge Verbindung zwischen jeweils herrschendem Papst und seinem Staatssekretärs brachte es mit sich, daß mit jedem Pontifikatswechsel, der fast immer auch neue Ideen in der Kirche zur Herrschaft bringt, die Staatssekretäre des vorhergehenden Papstes ihre Rolle ausgespielt haben. Nur einmal wurde bisher ein Kardinalstaatesekretär zum Papst gewählt, nämlich Kardinal Pacelli, der jetzige Träger der Tiara, und nur einmal wurde ein Kardinalstaatssekretär durch den neuen Papst wiederberufen, nämlich Kardinal Gasparri, Staatssekretär Benedikte XV. durch Papst Pius XI. Sonst verschwanden alle diese bedeutenden Köpfe auf irgendwelche Nebengeleise, wie Merry del Val, Staatssekretär Pius’ X., der seinen Herrn 16 Jahre überlebte, Rampolla der geniale Staatssekretär Leos XIII., Lam- bruschini, der erzkonservative Staatssekretär Gregors XVI., Consalvi der treueste Diener Pius VII.

fclonsalvi, Sproß eines römischen Adels- gesdilechtes, der es in der Würde der Kirche bis zum Kardinal, in der Weihe aber nur bis zum Diakon brachte, wurde im Konklave von 1800 von den Kardinalen zum Konklavesekretär gewählt. Dank seiner Geschicklichkeit einigte sich dieses Konklave endlich nach hunderfünftägiger Dauer und wählte Pius VII. zuin neuen Oberhaupt der Kirche. Der neue Papst, der die hervorragende Arbeitskraft des Konklavesekretärs schätzen gelernt hatte, ernannte ihn sofort zu seinem Sekretär und kurz darauf zum Kardinalstaatssekretär.

Ein Jahr darauf tritt Consalvi schon seinem Gegner, dem Korsen, gegenüber. Napoleon, noch immer Erster Konsul, will ein Konkordat mit dem Heiligen Stuhl. Allerdings aus der einzigen Absicht, seine Herrschaft dadurch zu stützen. Die Kirche soll ihm dienen. Consalvi, auf der einen Seite umlauert von den Intrigen Talleyrands und der Anhänger der Revolution, die überhautp kein Konkordat wollen, auf der andern Seite von den Machtwünschen Napoleons, ficht in einem unerhört zähen Kampf in Paris, ganz auf sich gestellt, ein für die Kirche annehmbares Kompromiß heraus. Die Kirche kann ihren Kultus wieder ausüben. Napoleon allerdings hat Consalvi nie verziehen, daß er sich nicht seinen Wünschen beugte. 1806 will Napoleon den Kirchenstaat seiner Machtsphäre eingliedern. Der Plan scheitert an der Wachsamkeit Consalvis. Napoleons Haß steigt, er zwingt den Papst, ihiji zu entlassen. 1809, als der Kirchenstaat endlich annektiert werden kann, muß Consalvi in eine — allerdings milde — Verbannung nach Paris. Er lehnt, zum Unterschied von andern Kardinalen, die angebotene große Pension ab. Als Napoleon sich scheiden läßt und Maria Louise heiratet, kommt der eingeladene Consalvi nicht zur Hochzeit und gibt damit zu verstehen, daß er die Hochzeit nicht anerkennt. Napoleons Haß ist auf dem Siedepunkt. Er will den Kardinal zuerst erschießen lassen, dann verbannt er ihn nach Reims, er darf nicht einmal mehr den Purpur tragen. Als die Herrschaft des Korsen zusammenbricht, schickt ihn Pius VII. sofort auf den Wiener Kongreß. Die versammelten Mächte wollen das Territorium des Kirchenstaates soweit wie möglich beschneiden, um sich selbst große Stücke anzueignen. Consalvis zähem Ringen gelingt es, dem Papsttum mit Ausnahme Avignons das ganze frühere Territorium zurückzugewinnen. Im Triumph kehrt er nach Rom zurück. Beginnt eine neue Arbeit: die Reform des Kirchenstaates. Dieser Sproß eines Adelsgeschlechtes hat erkannt, daß zwar die Revolution zu Ende ist, nicht aber die Ideen der Revolution. Er schafft die Vorrechte des Adels ab, sichert dem Bauerntum eine soziale Besserstellung, hebt die Folter auf, läßt alle Anhänger und Diener Napoleons im Kirchenstaat amnestieren, ja gibt den Napoleoniden eine Zuflucht im Patrimonium Petri. Als sein großer Gönner und Freund Pius VII. stirbt, sind die Tage seines Wirkens vorbei. Eine neue, ultrakonservative Richtung kommt im Kirchenstaat zur Herrschaft, innerhalb der für ihn kein Raum mehr ist. Er lebt ein paar Monate noch zurückgezogen, dann stirbt er. Thorwaldsen setzte im Pantheon diesem treuesten Diener des Papsttums, der rastlos für dessen Rechte und Geltung eintrat, der sich nie von Napoleon faszinieren ließ, der neben den englischen Staatsmännern der zäheste Gegner des Korsen war, ein schönes, aber kühles Denkmal.

Richard Wichterich, ein guter Kenner Italiens, Verfasser eines Werkes über Mussolini und Mazzini, erzählt in schlichten Worten die Geschichte dieses bedeutenden Purpurträgers. Sein Werk fußt hauptsächlich auf den Memoiren des Kardinals und den Forschungen des italienischen Historikers Rinierisowie über den sonstigen Werken, die über Consalvi erschienen. Im Literaturverzeichnis scheinen nicht auf die „Geschichte der Päpste“ Pastor und Schmidlin, das Metternich-Werk Srbiks und das Buch Bourgoings über Maria Louise. Sonst ist an dem Buch vielleicht nur noch die manchmal zu negative Einstellung des Verfassers Metternich gegenüber auszusetzen.

Sebastian Franz Job. Ein Caritasapostel des Klemens-Hofbauer-Kreises. 1767 — 1834. Von Eduard H o s p. St.-Gabriel-Verlag, Mödling bei Wien, 1952.

Die vorliegende biographische Skizze des Redemptoristenpaters E. Hosp behandelt das Leben und Wirken eines weniger bekannten Prie6ter6 aus dem Hofbauer-Kreis, des Hofkaplans Sebastian Franz Job. Aus der Oberpfalz stammend, kam er 1817 als Beichtvater der bayrischen Prinzessin Charlotte Auguste, der vierten Gemahlin des Kaisers Franz nach Wien, wurde Hofkaplan und blieb Beichtvater der Kaiserin. Schon in Bayern zählte er zu den mutigsten Vorkämpfern für die katholische Reform. In Wien suchte und fand er bald Anschluß an die katholische Reformbewegung um Klemens Maria Hofbauer und seinen Kreis. Durch sein Wirken als Seelsorger und Beichtvater hat er einen Gutteil zum Erstarken des katholischen Bewußtseins und durch 6eine Sorge um den Priesternachwuchs zur Überwindung des Josephinismus in Österreich beigetragen. Dadurch wird die 158 Seiten umfassende Darstellung über ihre Bedeutung als biographische Skizze zu einem wertvollen Beitrag für die Geschichte der katholischen Reformbestrebungen in Österreich zu Beginn des 19. Jahrhundert.

Österreichisches Schauspielergesetz. Verlag des österreichischen Gewerkschaftsbundes, Wien 1952. 136 Seiten.

Übersichtlich und vor allem mit aus der Praxis geschöpften Erläuterungen versehen, ist dies Büchlein eine wertvolle Handhabe in dem Gestrüpp unseres recht wirren und vor allem äußerst überaltete’n Schauspieler- und Theatergesetzes. Es wäre höchste Zeit, enidlieh ein neues, einheitliches, reformiertes Theatergesetz zu schaffen, das vor allem den heute so anders gearteten und vielfältig entwickelten Dingen Rechnung trägt, wo 6ich ja auch mittlerweile Film, Rundfunk und Fernsehen wesentlich und entscheidend in alle Belange de6 Theaterbetriebes und Schauspielerberufes gemengt haben. Nicht aber nur wirtschaftlich-sozialen Interessen möge man dabei Beachtung schenken, sondern auch künstlerischen Erfordernissen.

Die österreichische Devisenbewirtschaftung.

Von Dozent Dr. Han6 Flandorfer und Ludwig Triegler. Verlag Brüder Hollinek, Wien. 188 Seiten. — Das österreichische Devisenrecht. Von Prof. Dr. Richard Kerše h a g 1 und Dr. Rudolf Stohanzl. Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien. 356 Seiten.

Binnen weniger Tage sind am Büchermarkt zwei Werke über das österreichische Devisenrecht erschienen. Kerschagl-Stohanzl bringen die Texte des Devisenge6etze6, aller bisher erlassenen Kundmachungen und Weisungen der österreichischen Nationalbank und einschlägiger Vorschriften, mit Anmerkungen und einer Übersicht über die Rechtsprechung. Damit steht allen Interessenten zum erstenmal seit 1945 ein umfassendes Handbuch zur Verfügung, dessen Benützung allerdings — wie die Benützung jeder sogenannten Großen Ausgabe — gewisse juridische Grundbegriffe voraussetzt. Ein Druckfehler auf Seite 44 („Umgebung von Devisenvorschriften’ statt „Umgehung von Devisenvorschriften“) mindert den Wert des Buches keineswegs herab. — Die Darstellung von Flandorfer-Triegler ist offenbar in erster Linie für den in der Wirtschaft tätigen Nichtjuristen bestimmt, weil die Verfasser den Gesetzestext nicht wiedergeben und sich mit Erläuterungen der einzelnen Paragraphen des Devisengesetzes begnügt haben. Leider haben 6ich zahlreiche grobe Fehler eingeschlichen. Beispielsweise glauben die Verfasser, eine strafbare Handlung dann als Verwaltungsübertretung an6ehen zu müssen, „wenn ęie bloß mit Hąft oder einer Geldstrafe bis zu den im Gesetz vorgesehenen Betrag bedroht ist und auch nicht für schwerere Fälle oder für den Fall des Eintretens erschwerender Umstände oder besonders erschwerender Umstände eine strengere Strafe vorgesehen ist“ (Seite 77). Bei Benützung des Buches i6t besondere Vorsicht geboten.

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