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VON NEUEN BÜCHERN

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Fast gleichzeitig mit dem „Großen Herder" hat die Neuauflage des allgemeinen Brock- haus-llexikons ihr Erscheinen eröffnet, dieses andere deutsche Standardwerk weltumspannender Enzyklopädie. Unter den internationalen Grpßschöpfungen des Nachschlagebuches hat sich der „Brockhaus“ längst einen vordersten Platz gesichert. Von modischen Zei’t- strömung wenig berührt, auch zur Zeit des Bismardcschen Kulturkampfes um seine unabhängige Haltung bemüht, ist Brockhaus der Gegenpart zu dem lange vorherrschenden Lexikontypus liberal-freisinniger Ordnung geworden. Der vorliegende erste Band der zwölfbücherigen Neuausgabe, von „A“ bis „Beowulf“ reichend, kündigt ein völliges Neuschaffen an, ein Werk, das mit den vorausge- gangenen Auflagen nur Ursprung und Namen gemeih hat, wie der Verlag sagt, „neu ist von A bis Z“. Eine Prüfung der rund zehntausend Stichworte des ersten Bandes läßt eine womöglich noch vertiefte Sachlichkeit und Objektivität] der Auskunftserteilung erkennen. Wissenschaftliche Begriffserklärungen, soweit sie in dem ersten Band zu Worte kommen, halted kontroverse Hypothesen gegeneinander und begnügen sich, die Problematik herauszu- stelleii. Wo Catholica eine Auseinandersetzung verlangen, ist sie, soweit der erste Band ein Urteil. gestattet, von guten Federn besorgt. Die Gesamtschau zeigt eine tüchtige Zentralredaktion. Der sprachliche Ausdruck ist auch beim komplizierten Thema auf Gemeinverständlichkeit bedacht. In die Stichworte- auswaihl wurden die jüngsten wissenschaftlichen i Erkundungen in der Physik und Chemie einbezjogen, wie aus mehreren Beispielen im ersten Bande deutlich wird.

Das Gesamtwerk verheißt auf 9300 Buchseiten die Bewältigung von 145.000 Stichworten und 30.000 Abbildungen, Karten und Plänen im fortlaufenden Text, daneben fast 1000 Tafelbilder, nicht wenige davon in buntem Offsetdruck. Der Atomforschung zum Beispiel sind 13 Textspalten und zwei Bildtafeln gewidmet. Daß ein aus langer Hand vorbereitetes, von einem gewaltigen geistigen Organismus getragenes Großbuchunternehmen alle Vorzüge modernster Drucktechnik für sich in Anspruch nimmt, bedarf kaum der Erörterung.

Wenn ein solches Werk der Lexikographie auch auf noch so viele zehntausende Fragen Antwört gibt, so wird immer noch der oder jener Bescheid begehrt werden können, für den auch die sorgfältige Schlagwortesammlung keine Vorkehrung getroffen hat. So fehlt zum Beispiel in dem besprochenen Bande das Schlagwort „Aigues Mortes“, der Name der pittoresken, von Luwig dem Heiligen gegründeten geschichtereidien Kreuzfahrerstadt in den „Toten Wässern" der Lagunen der Rhonemündung, die auch noch in der Hugenottenzeit eine Rolle spielte. In der allzu knapp gehaltenen neuesten Geschichte Albaniens unterblieb die Verzeichnung der internationalen Flottendemonstration während der montenegrinischen Belagerung von Skutari, des letzen, internationalen Aktes zur Erhaltung des Weltfriedens vo Ausbruch des ersten] Weltkrieges. Ebenso die Nennung des 1144 gegründeten Benediktinerstiftes Altenburg, einer der bedeutendsten Kulturstätten des Mittelalters in Niederösterreidi. In der Ausgezeichneten, sehr eingehenden Bearbeitung des Schlagwortes „Bauernhaus“ sähe man gern einen Hinweis auf die großräumigen bäuerlichen Wohnbauten in den Bistümern von Brixen und Salzburg, die ihren Charakter den ersten geschichtlich vermerkten, von den geistlichen Landesfürsten erlassenen wohnungspolitischen Vorschriften verdanken.

Selbstverständlich gibt es keine absolut all- umfasiände lexikographische Auskunftei. Ihr Wert Wird durch das Maß der für den Aufbau verwendeten Sorgfalt und ihre geistige Grundhaltung bestimmt werden. Da darf es nun wohl als Sin Stolz des deutschen Buchwesens včrzeiichhėt werden, daß es heute zwei auf den Höchststand des modernen Wissens gebrachte Größauskunfteien von solcher Eigenständigkeit besitzt, so daß größere Büchereien keine der beiden werden missen können.

Bemalte Wandbespannungen des 18. Jahrhunderts.

Ein Beitrag zur Dekorationskunst des Rokoko. Von Trude A 1 d r i a n. Leykam- Verlag, Graz.

Die nlten Herrensitze und Bürgerbauten der Steiermark bergen heute noch einen wahren Reichtum an bemalten Wandbespannungen ihrer Wohn- und Festräume. Namentlich Werke der Zeit dės alpenlähdischen Rokoko. Von diesem heimischen Denkmälerbestande ausgehend stellt die Verfasserin in höchst dankenswerter Weise die Geschichte dieser Sonderform der Innendekoration von ihren Anfängen im Kreise der Hofkunst Ludwigs XIV. bis zu ihrem Versinken in der Massenproduktion der gedruckten Tapeten zu Beginti des 19. Jahrhunderts dar. Dabei stützt sie sich auf die großen Veröffentlichungen des entsprechenden Materials in der französischen, belgischen und Schweizer Fachliteratur, weshalb der kaum veröffentlichte Bestand an bemalten Wandbespannungen in Spanien, Ober- Italien und besonders in dem nahen Süddeutschland nicht berücksichtigt wurde. Jedenfalls wäre es notwendig gewesen, auf ältere Beispiele bemalter Wandbespannungen wenigstens hinzuweisen. So benützte man schon im frühen 16. Jahrhundert in Venedig „cane vazzi dipinti', um die Festräume der Gebäude der halbgeistlichen Bruderschaften fallweise zu dekorieren. So hat die Scuola di San Rocco zum Schmuck der Riesenwände ihres Salons für Feste'solche canevazzi für jeweils 30 Zechi- nen entlehnt und diesen Schmuck später angekauft. Er bildete den unkünstlerischen Vorläufer für Tintorettos Riesengemälde in diesem Saale.

An Hand ausgezeichneter, zum Teil farbiger

Bilder zeigt die Verfasserin, daß die bemalten Wandbespannungen im späten 17. Jahrhundert als Ersatz für die prunkenden Wirkteppiche oder als seltene Gelegenheitsschöpfungen in Frankreich auftauchen, um 1750 aber sich infolge der Vorliebe des Rokoko für improvisierte, spielerische Leistungen in fast ganz Europa zu einer selbständigen Kunstgattung ausbilden, die uns heute ungemein interessiert: Sie entstanden in einer Sphäre des gesellschaftlichen Lebens, in der nicht höfische oder ständische Repräsentation, sondern die freie Entfaltung eines wechselvoll bewegten Privatlebens den Tageslauf bestimmte und darstellungswürdig erschien.

Daher schildern diese oft flüchtigen, stets aber ungemein lebensvollen Malwerke ohne allegorische Erhöhung die Umwelt, in die man sie hineinversetzte, und gewähren dadurch oft reizvolle Einblicke in die Geistigkeit und die Liebhabereien ihrer Besteller, kurz, sie bilden in besonderem Maße kulturgeschichtliche

Dokumente mit wettvollen Aussagen über das Leben des kleinen Landadels, der landständischen Prälaten und des aufstrebenden Bürgertums. Sie sind bunte, graziöse Denkmale jener froh genießenden, geistig bewegten, aber dennoch etwas engen altväterischen steirischen Welt, die in Paula Groggers „Hochzeit auf Gstad“ und manchen Erzählungen Hans Kloepfers fortlebt.

Kunstgeschichtlich wäre zu dem ungewöhnlich reizvollen Thema manches zu sagen ge wesen, worauf der knappe ausgezeichnete Text des schönen Buches nicht eingehen konnte: Uber die räumlichen Funktionen dieses Wandschmucks, der so anmutig in stets wechselnder Weise mit den Wirkungsmöglichkeiten des Illusionismus spielte — von der Verwandtschaft seines Themenkreises mit dem der Fresken in den Adelsvillen im Veneto und in Friaul —, endlich von den Zusammenhängen der bemalten Wandbespannungen mit der gleichzeitigen Theatermalerei, die beide oft von denselben Meistern ausgeübt wurden, über deren Wanderleben wir gerne mehr wüßten. Desto dankbarer sind wir der Verfasserin dafür, daß sie durch den Nachweis der meist deutschen und französischen Stichvorlagen, nach denen diese Wandebespannun- gen gemalt wurden, einen wertvollen Beitrag zur Geschichte der Wanderung von Bildideen im Rokoko gab. Wir freuen uns sehr, aus Walter Frodls Einführung zu diesem wertvollen Buche, zu erfahren, daß der Leykam- Verlag die Absicht hegt, in weiteren Bildbänden die Schätze der altsteirischen Kunst zu erschließen. Heinrich Decker

Peking-Tagebuch

Von Derk. B o d d e. Verlag Eberhard Brockhaus, Wiesbaden. 334 Seiten mit '32 Kunstdrucktafeln.

Der Verfasser, der schon vorher sechs Jahre in Peking verbrachte, kam im Sommer 1948 als Fullbright-Stipendiat nochmals in diese Stadt zurück. Er erlebte dort den Zusammenbruch des Kuomintangsystems eine sechswöchige Belagerung, den Einzug der Kommunisten und verbrachte dann noch weitere sieben Monate in Peking, während deren sich das neue Regierungssystem immer stärker und umfassender durchsetzte. Aufzeichnungen von solcher Unmittelbarkeit sind stets von Interesse. Sie spiegeln nicht nur den augenblicklichen Stand einer in raschem Fluß befindlichen historischen Entwicklung, sondern sie geben auch ein Bild der Enttäuschungen und Hoffnungen, die sich an die Stationen eines solchen Weges knüpfen können. Bodde befindet sich dabei in einer schwierigen psychologischen Lage. Dem Kuomintangsystem steht er — wie viele aufmerksame Beobachter der Verfallszeit dieses Regimes — mit starker Reserve gegenüber. Er erlebt aufs unmittelbarste das Werden der „neuen Zeit". Als aufrichtiger Freund des chinesischen Volkes hofft er, sie möge diesem — trotz mancher gegenteiliger Anzeichen — schließlich doch Gutes bringen. So wirkt der Vorschuß an Vertrauen, den er dem neuen System manchmal gewährt, menschlich verständlich, und Bodde deutet übrigens auch manche Symptome bereits in dieser ungeklärten, gärenden Zeit durchaus richtig, aus denen sich nach Durchsetzung der totalen kommunistischen Herrschaft — in China wie in anderen Ländern —, die seither allgemein bekannten, unüberbrückbaren Gegensätze zwischen „Ost" und „West" entwickelt haben. In dieser augenblicklichen Aufzeichnung der Anzeichen jenes Weges, der über die Volksdemokratie zum Kommunismus führt liegt ein guter Teil des Wertes des Pekinger Tagebuches. Uber die Irrtümer, denen man damals noch erliegen mochte, sind wir inzwischen, in harter Schule; hinaus- gewachsen. Carl Peez

Dr. Georg J. Strangfeld S. J

Der Kampf um den Weltfrieden. Von Johannes Mariä Höcht. Zweite, erweiterte Auflage. Crėdo-Vėrlag, Wiesbaden. 109 Seiten.

Höcht stellt in dieser Broschüre die Tragweite der im Jahre 1942 von Piuš XII. vollzogenen Weihe der Welt an das Unbefleckte Herz Mariens heraus. Verblüffend Wirken die auf Grund feststehender Tatsachen gezeigten Parallelen zwischen militärischen Und iharia- nischen Daten während des vergangenen Krieges, die, wenn sie auch bei Vielen auf kühle Reserve stoßen werden, doch nachdenklich machen. Schade ist nur, daß sich der Verfasser nicht selten durch die beschwörende Erregtheit seiner Sprache, durch (freilich beabsichtigte) Vereinfachungen in der geschichtlichen Deutung und durch manche unseres Erachtens zu stark gesetzte Akzente bei den sachlich und nüchtern Denkenden um die volle Wirkung seines „Sturmrufes" bringen wird. Schläfrige und bequeme Christen vermag die Broschüre immerhin aufzurütteln, und zweifellos wird ihr eine populäre Wirkung nicht versagt bleiben. Fatima und Pius XXI

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