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Werden die Missionsbischöfe entscheiden?

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Nun, zwischen einer Autonomie, die der staatlichen Gewalt die Handhabe böte, den Landesepiskopat zur Gründung von Nationalkirchen zu führen, und jener anderen, verlangten Teil-autönomie, die fernen und ganz außerhalb der westlich-lateinischen Kulturzone wirkenden Bischöfen die Möglichkeit gäbe, gewisse nur in ihrem Land verständliche, aber notwendige Entscheidungen selbst zu treffen, ist ein weiter Abstand. Um ein näherliegendes Beispiel zu nennen: Heute wird auch in Rom stillschweigend anerkannt, daß die Unterdrückung der Arbeiterpriester in Frankreich entgegen der Meinung des Landesepiskopats eine Fehlentscheidung Roms war und nur auf Grund von Intrigen der extremen Rechten zustande gekommen ist.

Als Haupt der römischen „Integra-listen“ wird der Sekretär des Heiligen Offiziums, Kardinal O 11 a v i a n i, genannt, aber andere sehen in dem Vorsitzenden der italienischen Bischofskonferenz und Erzbischof von Genua, Kardinal S i r i, eine noch stärkere, einflußreichere Persönlichkeit, die auf dem Konzil hervortreten wird und der gegenüber auch die mit barocker Energie auftretende Gestalt eines Erz-bischofs von Palermo, Ruffini, verblassen muß. Mit diesen Namen sind die drei Hauptsäulen jener ..konservativen“ Partei genannt worden, die man zusammen mit einigen amerikanischen, lateinamerikanischen und spanischen Kardinälen und Bischöfen der Neuerungen aufgeschlossenen Kräftegruppe gegenüberstellen möchte. Jedoch ist eine Katalogisierung nach den Ländern unmöglich: ein gutes Viertel des spanischen Episkopats ist sicher den sogenannten „Fortschrittlichen“ zuzurechnen. Die Auseinandersetzungen mögen manchmal jecht lebhaft werden, aber im Gegensatz zum ersten vatikanischen Konzil, bei dem die „Frage“ schlechthin, nämlich die Unfehlbarkeit des Papstes, alle Gemüter entzündete und naturgemäß zur Parteiung führte, liegt diesmal kein Problem von nur annähernd so suggestiver Eindiucksgewalt vor, noch steht die Verkündung eines neuen Dogmas auf dem Programm. Im Gegenteil, die in der ersten Phase des Konzils diskutierten 70 Schemata sind zwar theologisch hochbedeutsam, aber wenig geeignet, die Phantasie der breiten Massen zu beeindrucken. Kein ernsthafter Beobachter der Dinge in Rom will sich bereit finden, irgendwelche Voraussagen über den Gang der Diskussionen zu machen. Die Schemata sind vorbereitet, aber sie weiden wahrscheinlich in recht veränderter Gestalt die erforderliche Zweidrittelmehrheit finden. Welche Kräftegruppe das Übergewicht erlangen wird, ist nicht weniger unsicher. Sicher ist nur, daß die „Konservativen“ nicht die Mehrheit sind, ihr Einfluß mag nur in der Zersplitterung der anderen Gruppen eine Chance finden.

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