Gespanntes Warten auf Strukturreformen

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Die wirtschaftspolitisch bedeutendste Entwicklung des abgelaufenen Jahres war zweifellos die Einleitung der Budgetkonsolidierung. Von politischer Polemik einmal abgesehen, wird deren Notwendigkeit von niemanden ernsthaft in Frage gestellt: Erstens hat sich Österreich im Vertrag von Maastricht dazu verpflichtet (ohne die getroffenen Maßnahmen wäre Österreich schon 2000 innerhalb der EU das Land mit der höchsten Neuverschuldung gewesen!). Zweitens aber ist - EU hin, EU her - für jeden denkenden Menschen einsichtig, dass es eine Grenze für das Schuldenmachen gibt, und dass man mit 100 Milliarden Schilling Vernünftigeres für das Land anfangen könnte, als bloß die Zinsen für die steigenden Staatsschulden (derzeit gut 1.700 Milliarden Schilling) zu bezahlen. Wo noch dazu die alte Gleichung "mehr Schulden = weniger Arbeitslose" längst nicht mehr stimmt (so sie überhaupt je gestimmt haben sollte).

In Frage gestellt werden hingegen das Tempo und die Maßnahmen zur Konsolidierung. Für das eingeschlagene Tempo spricht freilich nicht bloß die politische Opportunität (Anfang der Legislaturperiode), sondern auch die äußerst günstige Konjunktur. Mit dem Tempo (bereits 2002 keine Neuverschuldung mehr) waren aber auch die Maßnahmen mehr oder weniger vorgegeben: In der verfügbaren Zeit war wohl nur eine primär einnahmenseitige Sanierung möglich. Strukturelle Maßnahmen, die zu einer nennenswerten Verringerung der Staatsausgaben ohne Nachteile für die Staatsbürger (wie Selbstbehalte, weniger Servicestellen etc.) führen, haben eine Vorlaufzeit von mehreren Jahren und sind auch von einer Regierung, die nicht zimperlich beim Einsetzen ihrer parlamentarischen Mehrheit ist, schwer durchzusetzen.

Substantielle Einsparungen im obigen Sinne wären wohl nur durch eine forsche Reform des Bundesstaates, soll heißen: Zurückdrängen des in Österreich ausufernden Föderalismus, möglich. Fachleute beziffern das Einsparungspotential mit mindestens 50 Milliarden Schilling. Ob allerdings eine Regierung dieses heiße Eisen anfasst, die sieben von neun Landeshauptleuten stellt, darf bezweifelt werden. Wie die Geschichte lehrt, ist da selbst ein weiteres Belastungspaket politisch leichter zu überleben.

Der Autor ist Generalsekretär des ÖAMTC und Wirtschaftspublizist.

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