Gewusst was - und gewusst wie

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Als ich in der Abschlussphase meines Studiums Dr. Wolfgang Schmitz begegnete, war er zwei Jahre davor als Nationalbankpräsident (1968-1974) abgelöst worden und wieder als Ökonom für die Wirtschaftskammer tätig. Ungemein bescheiden begegnete mir der ehemalige Finanzminister (1964-1968), obwohl sein Vorrat an Wissen und Erfahrung schon damals respektgebietend war. Nicht mehr viele werden sich heute daran erinnern, dass er eine Zeit lang als Politiker sogar populär war - als erster Finanzminister, der seine Bürger mit Informationsbroschüren über ihre Rechte als Steuerzahler aufklärte und professionelle Öffentlichkeitsarbeit salonfähig machte.

Wolfgang Schmitz ist alle seine Aufgaben mit klaren ordnungspolitischen und ethischen Vorstellungen angegangen. Als Mitarbeiter von Reinhard Kamitz, jenem legendären Finanzminister, der unter Kanzler Julius Raab, dem Beispiel des Ludwig Erhard folgend, in den fünfziger Jahren der österreichischen Wirtschaft den entscheidenden Reformschub für den erfolgreichen Wiederaufbau gab, wurde er zum Wirtschaftsliberalen. Und als Schüler von Johannes Messner, dem damaligen Doyen der Katholischen Soziallehre, wurde er zu einem der ergiebigsten und streitbarsten Interpreten dieser oft sperrigen Auseinandersetzung der Kirche mit der Unternehmerwirtschaft. Im Modell der "Sozialen Marktwirtschaft" fanden und finden die beiden auf den ersten Blick so unterschiedlichen Wurzeln seines Denkens und Handelns ihren schlüssigen gemeinsamen Nenner.

"Was macht den Markt sozial?": So lautete der Titel eines umfangreicheren Textes zur Sozialen Marktwirtschaft, den Wolfgang Schmitz 1981 für das Karl-Kummer-Institut veröffentlichte. Blendend formuliert und engagiert vorgetragen, bildet dieser Text Schmitz' ordnungspolitischen Kanon. Lange vor der "Globalisierung" befasste sich Wolfgang Schmitz mit der Übertragbarkeit sozial-marktwirtschaftlicher Prinzipien auf die Weltwirtschaft. Und lange bevor es Fragen der Wirtschaftsethik zu alarmierender Aktualität brachten, arbeitete er in seine Überlegungen ganz selbstverständlich den sozialethischen Anspruch ein, jeder Wirtschaftsordnung schöpfungsgerechte Rahmenbedingungen zu geben.

Wolfgang Schmitz war auch als Familienpolitiker höchst wirksam. Mit dem Familienlasten-Ausgleichsfonds schuf er ein bis heute tragfähiges Instrument. Entscheidend war für ihn immer der gesellschaftliche Gestaltungsauftrag von Wirtschaftspolitik, ihr eindeutiges Primat gegenüber der "reinen" Ökonomie. Damit hebt er sich deutlich von jenen "Marktfundamentalisten" (George Soros) ab, die als einzig gültige Regel die vollständige Wettbewerbsfreiheit sehen wollen. Soziale Marktwirtschaft ist für ihn die ideale Kombination des wertegeleiteten "Gewusst was" der Christlichen Soziallehre mit dem marktliberalen "Gewusst wie" einer erfolgreichen Wettbewerbswirtschaft.

1976 übernahm Wolfgang Schmitz in einer für die Furche schwierigen Phase die Verantwortung als Herausgeber gemeinsam mit Hanns Sassmann und Bertram Jäger. Am Rande einer Aufsichtsratssitzung am Tage des Relaunchs der Furche im vergangenen Jahr las er, schon unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidend, in einem Artikel über Wirtschaftsethik und Wirtschaftsordnung, den ich für diese Nummer verfasst hatte. Ich freute mich darüber, dass er, viele Zeilen rot unterstreichend, reges intellektuelles Interesse und Zustimmung zeigte. Und ich hatte den Eindruck, dass es ihm damit leichter wurde, ein halbes Jahr darauf aus gesundheitlichen Gründen seine Verantwortung für die Furche an mich weiterzugeben.

Wolfgang Schmitz ist aus staatsbürgerlicher Sicht für all das zu danken, was er in seinen verantwortungsvollen Aufgaben am Höhepunkt seiner Entfaltung für unser Land getan hat. Zahlreiche nationalökonomische Publikationen stellen sicher, dass seine ordnungspolitischen Erkenntnisse nicht verloren gehen. Die Furche aber dankt dem Jubilar für seine so verantwortungsvolle, engagierte Begleitung über viele Jahre. Wir wünschen ihm alles Gute zum Geburtstag! Wilfried Stadler

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