Gigant des Cellos und Weltbürger der Musik

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Mstislaw Rostropowitsch galt als einer der bedeutendsten Cellisten unserer Zeit, war aber auch ein gefeierter Dirigent und hat seine Frau, die Sopranistin Galina Wischnewskaja, bei Liederabenden am Klavier begleitet. Als Musiker von immensem geistigem Horizont widmete er sich einem riesigen Repertoire, das von der Barockmusik bis hin zu ihm gewidmeten Uraufführungen reichte. Im Alter von 80 Jahren ist der "Gigant des Cellos" nach schwerer Krankheit in Moskau gestorben.

Schon die Eltern von Rostropowitsch waren Musiker, die Mutter Pianistin, der Vater selbst Cellist. Als Vierjähriger begann der junge Mstislaw Klavier zu lernen, seit seinem achten Lebensjahr widmete er sich dem Cello. In den 1950er und 60er Jahren entwickelte sich seine Karriere kometenhaft: Als russischer Elitekünstler durfte er ins westliche Ausland reisen und wurde, wo immer er hinkam, enthusiastisch bejubelt. Denkwürdig war beispielsweise jene Konzertreihe, zuerst in Moskau, dann in England und in den USA, in der er an elf Abenden über vierzig große Werke der Celloliteratur präsentierte und eigens für diesen Anlass 22 Werke neu studiert hatte. Mit den größten Dirigenten seiner Zeit hat Rostropowisch konzertiert und mit bedeutenden Kollegen hat er in kammermusikalischen Formationen zusammengearbeitet, mehr noch hat er aber auch Komponisten zu neuen Werken inspiriert, etwa Benjamin Britten, Dmitri Schostakowitsch oder Sergej Prokofiew.

Seit den späten 1960er Jahren zeigte Rostropowitsch ver-stärkt Ambitionen als Dirigent; lange Jahre war er Chefdirigent des National Symphony Orchestra von Washington. Auch an der Wiener Staatsoper hat er dirigiert (die Uraufführung von Alfred Schnittkes Gesualdo), und in Wien widmete er sich sogar der Operette, als er bei den Wiener Festwochen eine Produktion der Fledermaus leitete.

In den 1970er Jahren war der Musiker mit der sowjetischen Obrigkeit in Konflikt geraten - wegen seines Einsatzes für den verfemten Schriftsteller Alexander Solschenizyn. Seine Loyalität zum systemkritischen Autor wurde mit Auftritts- und Ausreiseverboten bestraft. Die ihrer künstlerischen Freiheit beraubten Rostropowitschs baten daraufhin, das Land verlassen zu dürfen: doch die Sowjetunion ließ nicht nur ihre Elitekünstler ziehen, man entzog ihnen sogar die sowjetische Staatsbürgerschaft. Die Rückkehr 1990 gestaltete sich zum Triumphzug, doch schon im Jahr zuvor hatte der Musiker ein humanistisches Zeichen gesetzt: Nach dem Fall der Berliner Mauer spielte er Musik von Bach am Checkpoint Charlie - als "persönliches Dankgebet".

"Slawa" wurde Mstislaw Rostropowitsch von seinen Freunden genannt; "Slawa" bedeutet soviel wie Ruhm. Davon war Rostropowitschs ganzes künstlerisches Leben begleitet: als leidenschaftlicher Künstler, als musikalisches Universalgenie, als "Weltbürger der Musik" wird er - auch dank zahlloser Referenzaufnahmen - in unvergesslicher Erinnerung bleiben, aber auch als Humanist und Pazifist, der stets Furchtlosigkeit vor der Obrigkeit demonstrierte.

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