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René Jacobs stellt in seinem Festival Alter Musik dem jungen, stürmischen den gereiften und abgeklärten Georg Friedrich Händel gegenüber .

Gottfried von Bouillon steht mit den Kreuzrittern vor Jerusalem. Im Juli 1099 nimmt er die Stadt: Die Christen töteten mehr als 70.000 Muslime.

René Jacobs wählte für die Innsbrucker Festwochen heuer Georg Friedrich Händels Oper "Rinaldo", deren Bühnenhandlung die Eroberung Jerusalems zitiert, den politischen Rahmen aber zugunsten von Liebesgeschichten und Zaubereffekten zurückdrängt. Zuletzt wird allerdings das feindliche muslimische Paar von den Christen zur "Bekehrung" gezwungen. "Der mächtigere Gott stand ihnen bei", singen die Besiegten, und gleich darauf heißt es: "Die Tugend allein hat das Böse bezwungen". Das konnten die Regisseure, Nigel Lowery und Amir Hosseinpour, beide Iraner, nicht unkommentiert lassen. Ihre provokante, witzige, mit religiösen Symbolen beider Konfessionen arbeitende Inszenierung wurde im Tiroler Landestheater, wenn auch mit Gegenstimmen, ausgebuht.

Trotz einiger Geschmacklosigkeiten: blasphemisch ist diese Inszenierung nicht. Die mit islamischen Symbolen geschmückte Kirche verweist auf die Gemeinsamkeiten der Religionen. Wenn Jerusalem fällt, stürzen Halbmond und Gebetsteppich. Barbie mit Pistole und Brautjungfern-Girlies mit einer Rakete, anrückende Playmobilfiguren, ein Riesenkücken statt Armidas Furien markieren die ironische, symbolische Gräueltaten an Puppen die harte Gangart. Meister des rechten Maßes ist René Jacobs am Pult: Reine Händelpracht zwischen intimer Zartheit und triumphalem Auftritt, von atemberaubender Schönheit in den Farben des Freiburger Barockorchesters. Vivica Genaux (Rinaldo), Lawrence Zazzo (Goffredo), Christophe Dumaux (Eustazio), James Rutherford (Argante), Inga Kalna (Armida) und Dominique Visse sind ein kaum zu überbietendes Ensemble.

Jacobs krönte sein Innsbrucker Festival Alter Musik, das gestern Mittwoch zu Ende ging, mit Händels "Jephta" und stellte damit dem jungen, stürmischen Opern-Händel das letzte, abgeklärte Oratorium des Meisters gegenüber. 2004 wird Jacobs bei den Festwochen Monteverdis "Orfeo" dirigieren.

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