Vernünftigkeit und Religion
W as "glauben“, als Akt, schultheologisch als "fides qua creditur“, christlich ist, daran arbeiten sich die JüngerInnen Christi seit Paulus ab: "Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich unvollkommen, dann aber werde ich durch und durch erkennen, so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin.“ (1 Kor 13,12)
Eine klassische Formulierung für des Christen Lage vor dem Glauben findet sich bei Markus im Munde eines verzweifelten Vaters, der sich von Jesus die Befreiung seines Sohnes von einem Dämonen erhofft: "Ich glaube; hilf meinem Unglauben!“ (Mk 9,24)
Aus dieser Szene kann man einen Begriff davon entwickeln, was "glauben“ christlich heißt: Glauben ist konkret, nicht idealistisch, hofft auf Befreiung von den Dämonen des Lebens für andere wie für sich selbst, steht immer in der Spannung von Vertrauen und Zweifel und diese Spannung ist nicht primär eine kognitive, sondern eine existenzielle Spannung, denn das Erhoffte ist ebenso groß, wie unwahrscheinlich in den skeptischen Augen der Welt, die eben auch unsere Augen sind.
Christlich glauben setzt diese Hoffnung in Jesus, der aber nicht zuerst sich selbst, sondern Gott und sein Reich verkündet hat. Zentrale Inhalte dieser Botschaft sind der Primat der Armen vor den Reichen, der Person vor der Institution, der Liebe im Verhältnis von Gott und Mensch sowie der Menschen untereinander. Daran glauben zu können ist weder Besitz, noch gar Trumpf, weder Leistung, noch steht es einfach zur Verfügung: Er ist Hoffnung und Geschenk. Aber wenn dieser Glaube seine Wirkungen entfaltet, dann ist alles möglich. Dann kommt die Welt ins Tanzen, müssen die Dämonen weichen, werden Tote lebendig. Über alle Grenzen hinaus.
* Der Autor ist kath. Pastoraltheologe an der Universität Graz
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