Gleichzeitig zu den Massen sprechen

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Das Tiroler Landesmuseum widmet dem österreichischen Maler Max Weiler eine große Retrospektive. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Weilers Kunstwerke und Arbeiten für den öffentlichen Raum, die er stets unmittelbar für den jeweiligen Ort selbst konzipierte.

Der 100. Geburtstag von Max Weiler ist Anlass für einen Ausstellungsreigen: Das Essl Museum feiert den kongenialen Maler, die Albertina im kommenden Jahr den Grafiker und das Tiroler Landesmuseum nun den Macher von Kunst im öffentlichen Raum.

Diese rund 60 Arbeiten, davon 40 ausgeführte, nehmen zahlenmäßig im riesigen Œuvre Max Weilers zwar nur einen kleinen Platz ein, sie bedeuteten dem vor neun Jahren verstorbenen Künstler aber sehr viel. Waren sie für ihn doch ein wichtiges Korrektiv, ein Hinaus aus dem elfenbeinernen Turm, um auf diese Weise „zu vielen Menschen, zu Massen gleichzeitig sprechen zu können.“ Womit Weiler im Tirol der 40er- und 50er-Jahre die Gemüter erregte. Etwa mit seinen Fresken in der Innsbrucker Theresienkirche, wo er nicht nur ein Pferd blau malte, sondern auch einen Bauern in Tiroler Tracht seine Lanze in das Herz des Gekreuzigten stoßen ließ. Eine Anzeige bei Gericht folgte und trotz des folgenden Freispruchs das Verbot des Bischofs, den Zyklus zu vollenden, was zu einer jahrelangen Verhängung der Fresken führte. Wenige Jahre später, Mitte der 50er-Jahre, provozierte Weiler mit seinen für einen konventionellen Kunstgeschmack anstößigen Wandbildern für den Innsbrucker Hauptbahnhof einen weiteren Bilderstreit, wobei besonders sein „gesichtsloser“ Andreas Hofer die in ihren Volkshelden verliebten Tiroler empörte.

Diese Erregungen haben sich längst gelegt, die Bahnhofbilder wurden anlässlich der Schleifung des Gebäudes aufwändig abgenommen und in den neuen Bahnhof verpflanzt. Ob das im Sinn ihres Erzeugers gewesen wäre, ist eine andere Sache.

„… sondern Wand selbst“

Konzipierte er seine Kunst im öffentlichen Raum doch unmittelbar für den jeweiligen Ort: „Sie ist kein Bild auf der Wand, sondern Wand selbst.“ Diese seine formatmäßig größten bedeuteten für ihn selbst oft den Abschluss einer Phase der formalen Bildbewältigung, um – lebenslang seiner inneren Natur auf der Spur – Neues auszuprobieren.

Die Ausstellung im Tiroler Landesmuseum demonstriert überzeugend, dass sich die gesamte künstlerische Entwicklung Max Weilers auch anhand seines Werks für den öffentlichen Raum nachvollziehen lässt. Vorgeführt nicht etwa an Dokumentationen der ausgeführten Arbeiten, sondern anhand der unzähligen gezeichneten und gemalten Vorarbeiten im Ringen um die ideale Farbe, die perfekte Form, die große Komposition.

Um den Work-in-Progress-Charakter dieser Vorarbeiten zu unterstreichen, wurde das Foyer des Tiroler Landesmuseums in eine Baustelle verwandelt, vollgestellt mit banalen metallenen Baugerüsten, an die auf weiße Paneele die Skizzen, Bilder und Kartone unterschiedlichster Größe gepinnt wurden. Ein sicher gut gemeinter, wenn auch zu vordergründiger Gag missinterpretierter Inszenierungsmanie, der der Qualität des Gezeigten in keinster Weise zu entsprechen vermag. Der Vorteil ist, dass diese Art der Präsentation viel Hängefläche schafft, um die Arbeiten aus sämtlichen Weiler’schen Werkphasen zu präsentieren. Angefangen von ganz frühen, für Kirchenbauten von Clemens Holzmeister entworfenen Glasfenstern, über die schon erwähnten monumentalen Arbeiten der 40er- und 50er-Jahre, bis zu den Wandfriesen für den Innsbrucker Stadtsaal von 1960, dem Eisernen Vorhang für das Tiroler Landestheater (1967) oder den drei Wandbildern für das Innsbrucker Casino (1992/93).

Max Weiler – Die großen Werke

Tiroler Landesmuseum 6020 Innsbruck, Museumstraße 15

bis 31. Oktober, Di–So 10–18 Uhr

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