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Die rekonstruierten Rottmayr-Fresken im Liechtenstein-Museum.

Im Zuge der Restaurierungsarbeiten des Palais Liechtenstein machte man in den Treppenhäusern eine erstaunliche Entdeckung. Als man durch kleine Einschusslöcher in den Deckengemälden Antonio Belluccis mit medizinischen Endoskopen schaute, sah man dahinter einen gemalten Putto. Er hielt die Hand in einer Schweigegeste vor den Mund. Die Restauratoren hielten sich nicht an das symbolische Zeichen und gingen dem interessanten Fund nach.

Übermaltes Fresko entdeckt

Es stellte sich heraus, dass unter den im frühen 19. Jahrhundert auf die beschädigte Decke applizierten Ölgemälden ein teilweise zerstörtes, stellenweise aber hervorragend erhaltenes Fresko aus dem Jahr 1705 verborgen war. Gemalt von keinem Geringeren als dem bedeutenden Barockmaler Johann Michael Rottmayr. Rottmayr gilt mit seiner farbenprächtigen, lebensfrohen Illusionsmalerei als Hauptmeister des heimischen Barock - als Erfinder des österreichischen "Kaiserstils". Zu seinen Meisterwerken zählen die Fresken der Wiener Karlskirche und der Stiftskirche in Melk.

Fürst Hans Adam II. und Direktor Johann Kräftner entschlossen sich nach Beratungen mit Fachleuten und langen theoretischen Diskussionen zur Freilegung der Fresken. Kostenpunkt: geschätzte 1,25 Millionen Euro. Besonders heikel war die Frage, wie man mit den zerstörten Teilen umgehen soll. Schließlich setzte man sich gegen die Skeptiker durch und ging den gewagten Weg der Totalrekonstruktion, um das Raumerlebnis der barocken Ausstattung wieder vollständig zu vermitteln. Die Rekonstruktion der verloren gegangenen Figurengruppen war nur durch den glücklichen Umstand möglich, dass es in einer italienischen Privatsammlung eine Skizze Rottmayrs zu dem Fresko gibt.

Nach zweihalbjährigen Restaurierungsarbeiten wird das östliche Treppenhaus-Fresko jetzt anlässlich der Giovanni Guiliani-Eröffnung der Öffentlichkeit präsentiert, das westliche soll ab 2006 zu sehen sein.

Wagnis Totalrekonstruktion

Beim Gang die Treppen hinauf muss der Besucher jetzt aufpassen, dass er nicht stolpert. Denn der Blick wird von einer farbintensiven, sinnlichen Illusionsmalerei angezogen. Auf 220 m2 hat Rottmayr den klassischen Götterhimmel in mehreren Figurengruppen dargestellt. Im Zentrum ist ein kleiner Bub zu sehen, der von Minerva in den Götterhimmel getragen wird - er soll wohl den Erbauer des Palais, Fürst Johann Adam Andreas I., verkörpern. Innovativ an dem wiederentdeckten Fresko ist, dass Rottmayr hier das gesamte Deckenhausfresko mit einem einheitlichen, geschlossenen Programm (von der Scheinarchitektur bis zum Ausblick in den Götterhimmel mit Venus, Mars, Jupiter und all den anderen) überzieht. Inspiriert dürfte ihn dabei der italienische Maler und Virtuose des barocken Illusionismus, Andrea Pozzo, haben, der beinahe zeitgleich (1704) im angrenzenden Herkulessaal einen monumentalen Götterhimmel mit fantastischer Scheinarchitektur an die Decke zauberte.

Die Restaurierung wirkt äußerst gelungen - auch wenn natürlich für einen geschulten Blick die Unterschiede zwischen den erhaltenen und rekonstruierten Figurengruppen zu erkennen sind. Dass die Freilegung nicht nur einen Gewinn für das Palais selbst darstellt, sondern auch kunsthistorisch so manche Sichtweise über die österreichische Barockmalerei verändert, davon ist Johann Kräftner überzeugt. "Bisher galt immer das Palais Kinsky mit seinem Treppenhausfresko, das den ganzen Stiegenhaushimmel einnimmt [Anm.: von dem Italiener Carlo Carlone gemeinsam mit Marcantonio Chiarini 1716 gemalt], als das erste in Wien in dieser Weise entstandene. Das freigelegte Fresko hier im Liechtenstein Museum entstand aber wesentlich früher." Für Kräftner ist das ein Beleg dafür, dass die österreichische Barockmalerei zu diesem Zeitpunkt auf einem weit höheren Entwicklungsstand war als bisher angenommen.

Liechtenstein Museum

Fürstengasse 1, 1090 Wien

ab 13. 3., Mi-Mo 9-20 Uhr

www.liechtensteinmuseum.at

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