Google und Co zur Kasse bitten

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Vertreter des Boulevard wollen von einer Medienförderung, die inhaltliche Qualität stärkt, nichts wissen. Eindrücke von der Enquete "Medienförderung neu" in Wien.

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Vertreter des Boulevard wollen von einer Medienförderung, die inhaltliche Qualität stärkt, nichts wissen. Eindrücke von der Enquete "Medienförderung neu" in Wien.

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Die Ritter des Boulevards ließen sich auch bei der montäglichen Medienenquete, zu der Thomas Drozda in sein Ministerium geladen hatte, nicht lumpen. Allen voran Eva Dichand, die starke Frau bei der Gratiszeitung Heute, die jedweder Medienförderung nach Inhalten eine Abfuhr erteilte: "Fördern von Inhalten gibt es nirgends, vielleicht in China." Und für die Selbstkontrolle der Presse hat diese Eiserne Lady schon gar nichts übrig. Den "Presserat" disqualifizierte sie als "privaten Verein" - und ließ dann das Auditorium auch ein wenig in die eheliche Diskussionslage blicken: "Mein Mann (= Krone-Chef Christoph Dichand) macht Kuverts vom Presserat gar nicht auf."

Vorschläge des Medienministers

Gott sei Dank ging es bei der Enquete über "Medienförderung neu" nicht um die Befindlichkeiten des Boulevards (Wolfgang Fellner wurde dort erst gar nicht gesichtet). Sondern es kamen durchaus substanzielle Vorschläge -auch vom zuständigen Ressortminister: Thomas Drozda dachte ein Zwei-Säulen-Modell an, das er allerdings nicht wirklich in concreto vorlegte. Die eine Säule soll eine Produktions-,die andere eine Digitalisierungsförderung sein. Wichtige Botschaft des Ministers war, dass das Ganze plattformunabhängig anzudenken sei, dass es also nicht mehr eine Presseförderung und unabhängig davon eine Rundfunkförderung etc. geben solle. Außerdem will Drozda Fördermaßnahmen an die Zahl der zu fairen Bedingungen angestellten Journalisten koppeln.

Bei der Finanzierung wurde der Minister klarer: Zum einen will er Plattformen, "die nicht zwischen eigenen und fremden Inhalten unterscheiden", zur Kasse bitten - explizit nannte Drozda u. a. Google und Facebook, zum anderen will er Einnahmen aus Urheberrecht und Steuern dafür verwenden - allein aus Anzeigen- und Umsatzsteuer würde die Medienförderung um 15 Millionen steigen, rechnete er vor.

Thomas Kralinger, Präsident des Zeitungsverleger-Verbandes und Geschäftsführer des Kurier, forderte dagegen 35 Millionen Euro Förderung - und verwies auf das Beispiel Dänemark, das im Jahr 2013 52 Millionen Euro ausgeschüttet habe. Dies entspreche zehn Euro pro Kopf, während in Österreich die öffentliche Hand gerade 1,3 Euro pro Mann und Nase in die Hand nehme.

Der größte Medien-Player fehlte

Auch Medienökonom Matthias Karmasin forderte die Politik auf, groß zu denken und brachte dabei neben der Anzeigensteuer auch eine Haushaltsabgabe ins Spiel, die - etwa in Deutschland - die Rundfunkgebühren ersetzt hat. Aus einer derartigen Abgabe könne man gleichfalls Mittel zur Medienförderung lukrieren.

Während auf der Enquete immer wieder davon die Rede war, sich von den klassischen Medienplattformen zu lösen, war das größte Medienhaus im Lande gar nicht vertreten: Es blieb dem Mediensprecher von NEOS, Niko Alm, im Publikum vorbehalten, darauf zu verweisen, dass, ohne den ORF einzubeziehen und in die Pflicht zu nehmen, jede Diskussion einer Medienförderung sinnlos sei.

Im Lauf der Diskussionen stiegen auch andere Beitragende auf diese Argumentation ein: Ohne den übergroßen Player ORF wird die Auseinandersetzung in Zukunft sicher nicht zu führen sein.

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