Grabenkämpfe eines Noch-Ehepaars

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15 Jahre lang waren Boris (Cédric Kahn) und Marie (Bérénice Bejo) ein Paar, jetzt steht die Trennung bevor. Während Boris noch versucht Marie zurückzugewinnen, hat sie einen Schlussstrich gezogen. Weil er sich momentan aber keine eigene Wohnung leisten kann, lebt er vorerst noch bei Marie und den beiden gemeinsamen Töchtern.

Joachim Lafosse konzentriert sich in "Die Ökonomie der Liebe" ganz auf die Grabenkämpfe, die sich im gemeinsamen Haus abspielen. Nah dran ist die Kamera von Jean-Francois Hensgens an den Figuren, bewegt sich fließend durch die Räume, agiert als genauer und unbestechlicher Beobachter. Breit ist das Cinemascope-Bild, doch die Nähe der Kamera und die Fokussierung auf der Familie erzeugen ein Gefühl von Enge und Beklemmung. Große Dichte und Drive entwickelt dieses Beziehungsdrama durch diese Verengung des Blicks, wirkt aber trotz der kammerspielartigen Anlage nie theaterhaft.

Der Kampf ums Materielle

Auf Rückblenden in glückliche Phasen der Beziehung verzichtet Lafosse ebenso wie auf die Suche nach Ursachen für das Scheitern der Ehe. Wie glücklich das Familienleben einmal war und immer noch sein könnte, spürt man jetzt nur noch an einem Abend, an dem alle vier zusammen Uno spielen und Witze erzählen. Entspannt ist hier für einmal dieser Film, dem sonst diese Leichtigkeit und Heiterkeit fehlt, und macht bewusst, was mit dem Ende der Beziehung verloren gegangen ist. Nur noch die gemeinsamen Töchter und der Kampf um die Teilung des Besitzes verbindet nun das Paar. Während Marie überzeugt ist, dass ihr mehr zusteht, da sie einst mit dem Geld ihrer Eltern das Haus gekauft hat, betont Boris den Wert seiner Arbeit und der Zeit, die er als Handwerker in die Sanierung gesteckt hat.

Das ist kein tränendrückendes Scheidungsdrama, sondern die kühle und messerscharfe, gleichwohl bewegende Sezierung einer Trennung und der Gräben, die die Zeit zwischen ein Ehepaar treten lassen kann. Nüchtern protokolliert Lafosse in präzisen Alltagsszenen, in denen Kleinigkeiten wie der von Boris aus dem Kühlschrank genommene Käse zum heftigen Streit führen, diese Trennung.

Getragen wird "Die Ökonomie der Liebe" vor allem von den zwei großartigen Hauptdarstellern Bérénice Bejo und Cédric Kahn, aber auch den zwei natürlich spielenden Zwillingen Jade und Margeaux Soentjens. Eindrücklich vermitteln sie, wie diese Kinder im Volksschulalter letztlich die Hauptleidenden des Streits der Eltern sind und lassen ahnen, welch schwere psychischen Narben diese Erfahrungen zurücklassen werden.

Die Ökonomie der Liebe (L'économie du couple)

B/F 2016. Regie: Joachim Lafosse. Mit Bérénice Bejo, Cédric Kahn, Marthe Keller. Polyfilm. 95 Min. Ab 4.11.

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