Großmeister der Kreuz- und Querbezüge

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Zwei Bände mit Texten von und über den ungarischen Erzähler und literarischen Fallensteller Peter Esterhazy.

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Zwei Bände mit Texten von und über den ungarischen Erzähler und literarischen Fallensteller Peter Esterhazy.

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Der Esterhazy-Fan ist es gewöhnt, Rätsel zu lösen, sich über Anspielungen zu amüsieren und Gedankengänge vom Roman in die nächste Erzählung, den übernächsten Essay und wieder zurückzuverfolgen. Peter Esterhazy überschüttet uns mit Einfällen, Montagen, (Selbst)-Zitaten, Ratespielchen ohne Ende und einem Wortwitz, der in der Übersetzung nicht immer ganz nachvollziehbar ist. Seine Arbeiten verweisen aufeinander, zitieren einander, gehen fast ineinander über. Der Leser dringt ein in eine Esterhazy-Welt, wandelt auf verschlungenen Wegen, die sich immer wieder kreuzen und auch immer wieder zu Texten anderer Autoren hinführen. "Wenn ich etwas brauche, dann nehme ich es, egal, ob es sich gehört oder nicht. Und leichthin könnte man sagen: Später stellte sich heraus, daß das Intertextualität ist", meinte der Autor im Gespräch mit der österreichischen Literaturwissenschaftlerin Angelika Klammer. Dies und viel mehr findet sich im kürzlich erschienenen Band "Was für ein Peter! Über Peter Esterhazy". Schriftsteller, Germanisten und Literaturkritiker befassen sich darin mit Esterhazy und auch er selbst kommt mit kurzen Erzählungen zu Wort. Es ist eine Sammlung von literarischen, essayistischen und zum Teil sehr persönlichen Texten, Mosaiksteinchen im Bild eines außergewöhnlichen Autors, die gleichzeitig auch Aspekte ungarischer Geschichte und Literaturgeschichte spiegeln.

Peter Esterhazy wurde 1950 in Budapest geboren. Er war ein Baby, als seine Familie als aristokratische "Volksfeinde" nach Hort, einem kleinen Ort im Norden Ungarns, deportiert wurde. Der Vater Matyas Esterhazy erhielt die Familie als Landarbeiter, später durfte er sich als Journalist und Übersetzer betätigen. "Ich habe meine große Familie in einer günstigen Epoche kennengelernt, so wie auch die katholische Kirche. Ich lernte sie kennen, als sie geschlagen war, und da hatte sie etwas sehr Sympathisches." So der Sohn. Zum legendären Grundbesitz der Esterhazys bemerkt er nur lakonisch: "Die 56.000 Joch Land habe ich nicht geerbt." Und doch: "Für mich ist alles Familiengeschichte." Und mit der spielt er, wie mit so vielem anderen auch.

Eigentlich wäre Peter Esterhazy ja gerne Fußballer geworden, wie sein Bruder Marton ein ungarischer Nationalspieler, doch hielt er sich nicht für begabt genug. Der Weg zur Literatur hingegen war ihm zunächst aus politischen Gründen verbaut: "Ich kam von den Piaristen, mit diesem Namen, wollte ein Lehrfach studieren, das ging wirklich nicht, die unschuldigen kleinen Kinder zwischen meinen Händen ..." So entschied er sich für die Mathematik.

Doch bereits 1976 erschien seine erste Novellensammlung "Francsiko und Pinta". Damit war die Laufbahn als Schriftsteller besiegelt und der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Zu seinen bekanntesten auf Deutsch erhältlichen Büchern zählen "Donau abwärts", "Das Buch Hrabals" und "Kleine ungarische Pornographie".

Neu ist, ebenfalls im Residenz-Verlag, ein weiterer Band mit Geschichten und Aufsätzen, die teilweise schon an anderer Stelle veröffentlicht wurden: "Thomas Mann mampft Kebab am Fuße des Holstentors". Dieses Buch ist so etwas Ähnliches wie ein "Best of Esterhazy", ein Esterhazy-Digest: Bekanntes und Neues zum Kennenlernen und Wiederlesen. Und so, als müßte das "Buchdeckelübergreifende" in diesem literarischen Werk noch einmal herausgestrichen werden, greifen auch die Texte der beiden Bände von und über Esterhazy amüsant und erhellend ineinander.

Thomas Mann mampft Kebab am Fusse des Holstentors Geschichten und Aufsätze von Peter Esterhazy Übersetzung: Zsuzsanna Gahse Residenz Verlag, Salzburg 1999 160 Seiten, geb., öS 278.-/e 20.20 Was für ein Peter! Über Peter Esterhazy. Herausgeberin: Angelika Klammer Residenz Verlag, Salzburg 1999, 175 Seiten, 40 Fotos, geb., öS 278.-/e 20,20.

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