Großzügiger Raum für Untertöne

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Der jüngst verstorbene Herausgeber der Kronen Zeitung, Hans Dichand, beschäftigte auch oft die Mediengerichte. Besonders bemerkenswert war sein gerichtliches Vorgehen gegen die Tageszeitung Der Standard im Jahr 2004. Er empfand die in einem Kommentar von Hans Rauscher wiedergegebene Behauptung, die Kronen Zeitung würde „antisemitische und rassistische Untertöne verbreiten“, als auf ihn gemünzte üble Nachrede und beantragte unter anderem das Einziehen der Tageszeitung. Der Standard trat den Wahrheitsbeweis an und legte insbesondere zahlreiche Kolumnen des früheren Starkolumnisten Hans Nimmerichter alias „Staberl“ und die Gedichte des Krone-Poeten Wolf Martin vor.

Hans Dichand war persönlich in dem kleinen Verhandlungssaal im „Grauen Haus“ in Wien anwesend, als die Richterin das Urteil verkündete und seine Anträge abwies – unter anderem, weil sie aufgrund der vorgelegten Belegstellen den Wahrheitsbeweis für erbracht hielt. Nach Ansicht der Richterin habe z.B. „Staberl“ in einer Kolumne „bewusst eine Strategie der Aufrechnung von Opfern“ und „des Relativierens der von den Nationalsozialisten an Juden begangenen Verbrechen gewählt.“ Überhaupt würden „Staberl“ und Wolf Martin dazu tendieren, Bezüge zu weit verbreiteten antisemitischen und rassistischen Ressentiments herzustellen, und durch ihre Wortwahl und ihren Tenor verschlüsseln und verharmlosen.

In der Verhandlung meldete Hans Dichand umgehend Berufung an, die er aber anschließend zurückzog. Er wollte sich offenbar eine weitere Niederlage vor dem Oberlandesgericht Wien ersparen.

Bei allem Respekt fürs Lebenswerk von Hans Dichand sollte also nicht vergessen werden, welchen „Untertönen“ er als allmächtiger Herausgeber der Kronen Zeitung großzügig Raum gewährte und damit gezielt Ressentiments förderte.

* Die Autorin ist Medienanwältin und vertritt u.a. den „Standard“

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