Grüne Gegenwelten im Big Apple

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Wunderbare Fotos von, aber auch wissenswerte Hintergründe zu unvermuteten Schätzen inmitten des Inbegriffs von Stadt: Der ansprechend gestaltete Bildband „Die Gärten von New York“ führt in die versteckten Grünoasen des Big Apple.

„Im dicht bebauten Zentrum von Manhattan, in den grauen Schluchten von Beton, Stahl und Glas, ist nahezu jeder Grashalm ein kleiner Triumph über die Allmacht des rechten Winkels“, schreibt Autorin Veronika Hofer in ihrem Buch „Die Gärten von New York“ – und zeigt gemeinsam mit Fotografin Betsy Pinover Schiff, dass nicht nur Grashalme, sondern auch kleine Gärten, begrünte Hinterhöfe und luxuriöse Dachterrassen triumphieren. Grünflächen, die all jene Lügen strafen, die mit dem Big Apple ausschließlich Autos, Lärm und Wolkenkratzer verbinden. In dreißig Gegenwelten zum Großstadtstress werden hier mittels hochästhetischer Fotos, aber auch durch interessante Texte Einblicke gewährt, die ansonsten den Gartenbesitzern vorbehalten bleiben. Über die Charaktere eben dieser erfährt man ebenso viel wie über die Herausforderungen, welche die New Yorker Gärten an die Landschaftsgestalter stellen.

Überraschende Hintergründe

Was tun, wenn ein Fünf-Meter-Baum nicht in den Lift passt? Was, wenn der Besitzer eines luxuriösen Central-Park-South-Appartements zwar den Blick auf den Central Park genießen will, die Sicherheitsvorschriften aber höhere Mauern vorsehen? Welche Pflanzen können überhaupt mit wenig Licht in einem Innenhof inmitten der Häuserschluchten überleben?

Wer einen Dachgarten mit außergewöhnlicher Begrünung will, lässt in New York schon einmal den Straßenzug sperren, um meterhohe Bäume per Kran auf das Dach hieven zu lassen. Gartendesigner sind auch oft vor Probleme der Statik gestellt, wenn diese aufgrund neuer Belastungen neu berechnet und ausgerichtet werden muss. Es sind aufschlussreiche, teils überraschende Hintergründe, die man hier von Autorin Veronika Hofer erfährt, einer ehemaligen Rundfunk- und Fernsehredakteurin, die bereits zahlreiche Sendungen über die Gärten der Welt gestaltet hat. Landschaftsarchitekten haben ihr ihre Lieblingsrefugien und Prestigeprojekte vorgestellt und von kleinen und größeren Problemchen berichtet.

Blick von oben

Gleichermaßen lebt das Buch natürlich von den wunderbaren Fotos von Betsy Pinover Schiff, die wahrlich das Gefühl geben, diese geheimen Orte zumindest für wenige Minuten betreten zu dürfen, ja, ein bisschen an Plätze vordringen zu können, die ansonsten verschlossen sind. Denn während auch wenige öffentliche Parks gewürdigt werden – etwa Battery Park, Heather Garden oder Wave Hill, wo Städter barfuß die Wiese betreten dürfen – so ist der Großteil der Publikation Privatgärten gewidmet, man geht auf deren Entstehung und Gestaltung ebenso ein wie auf deren Geheimnisse.

Eine wahre Dorfidylle bietet eine Gartenstraße auf der Upper East Side. Ein paar Schritte vom Broadway entfernt, inmitten von Wolkenkratzern, stehen einige Reihenhäuser mit kleinem Garten davor – ein Unikum. In Brooklyn plätschert gar ein kleiner Bach durch einen privaten Garten. Loftbesitzer in Chelsea lassen ihren Blick vom Liegestuhl unter Palmen aus und umringt von Hunderten Blumenarten über die Skyline streifen.

Doch ist das Buch nicht ausschließlich voller Pflanzen und Blüten, auch künstlich-künstlerische Gärten werden gezeigt – etwa, wenn auf dem Dach des MOMA grünes Fiberglas als Wiese herhält und recyclter Gummi als dunkle Erde, und wenn Glassteine in einem Skulpturengarten in Central Park South für den Betrachter von oben wie eine kleine Bachlandschaft wirken. Überhaupt lernt man: Besonders wichtig ist bei New Yorker Gärten der Blick von oben, schließlich betrachtet der Großteil der Nachbarn diese aus der Vogelperspektive.

Natürlich wird zwar hauptsächlich von Gärten gesprochen, die sich nur besonders begüterte Besitzer leisten können und in denen exklusive Gartenpartys abgehalten werden – doch auch dem Besitz eines Ehepaars, das den Garten samt Wasserfall und Goldfischteich mit weggeworfenen Steinen und Hilfe eines Passanten selbst gestaltet hat, ist ein Kapitel gewidmet. Wer dieses Buch genossen hat, wird mit New York ab sofort jedenfalls mehr verbinden als nur Beton und Abgase und beim Besuch die Augen offen halten nach den grünen Gegenwelten.

Die Gärten von New York.

Von Veronika Hofer, Fotos v. Betsy Pinover Schiff

Hirmer Verlag, München 2010,

236 S., geb., e 59,70

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