Gruß aus der Ehehölle

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Aktuell geblieben: Albees "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?"

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Aktuell geblieben: Albees "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?"

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Das Stück hat 37 Jahre auf dem Buckel und gilt - spätestens seit der Verfilmung mit Richard Burton und Elizabeth Taylor - als Klassiker moderner Dramatik: "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?" Wie stark dieses chirurgische Eindringen unter die Haut, durch den Knochen und bis ins Mark von Menschen immer noch wirken kann - ein Eindringen, das zugleich die ganze existentielle Not, die ganze Einsamkeit des Individuums im unerbittlichen Lebenskampf von heute aufleuchten läßt -, bewies die jüngste Premiere am Wiener Volkstheater.

Von Narkose hält der Autor Edward Albee beim Einsatz seines Seziermessers nicht viel, jeder Schnitt schmerzt, etwas betäubend wirkt nur die feine Ironie, die den Text immer wieder auflockert. Natürlich sieht unsere Zeit manches mit anderen Augen, verbale Obszönitäten schockten das Publikum der sechziger Jahre sicher eher als diesbezüglich abgebrühte Ohren von heute, aber gestrig wirken an diesem Werk nur Details, bis auf wenige Momente herrscht von Anfang bis Ende Hochspannung.

Obwohl die Hauptrollen nicht zufällig die Vornamen des ersten US-Präsidenten George Washington und seiner Gattin Martha tragen, wird hier nicht nur die amerikanische Seele zerlegt, sondern jede Gesellschaft, die an diesem Amerika Maß genommen hat, und das scheinen immer mehr zu werden.

In der dichten Inszenierung von Harald Clemen auf der stimmig eingerichteten Bühne von Martin Kukulies platzen nacheinander die Lebenslügen wie Seifenblasen. Wolfgang Hübsch und Birgit Doll machen einander als Eheleute das Leben zur Hölle und streifen dabei den Himmel der Schauspielkunst. Das junge Paar, Meriam Abbas und Christoph Zadra, hält sich daneben wacker. Der Premierenjubel deutete an, daß dem Volkstheater wieder ein Volltreffer gelungen ist.

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