Guckkastenbühne im Kino

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Vielleicht erschließt sich Wim Wenders' im Verein mit dem Stückautor Peter Handke verfilmtes Drama "Die schönen Tage von Aranjuez" im französischen Original besser. Die deutsche Fassung krankt daran, dass die Lippenbewegungen von Reda Kateb und Sophie Semin und die Worte der hochkarätigen Synchronsprecher Hans Löw und Eva Mattes bis zum Schluss störend auseinanderklaffen. Man sieht der Filmfassung des Stückes aber natürlich die Handschrift von Wenders an -und kann das schätzen: Die Einführung eines auf der Schreibmaschine tippenden Autors (Jens Harzer), also eines Alter Egos von Handke, gehört ebenso dazu wie ein Wurlitzer (natürlich ein Original-Gerät), der einen Gutteil der Filmmusik in das Opus einführt.

Höchstpersönlich hat Nick Cave am Klavier sein "Into Your Arms" musizierend seinen Auftritt, und sogar der Dichterfürst selber darf - als Gärtner -ins Bild huschen. Das alles ist mehr als ein Indiz dafür, wie genau sich Wenders die filmische Dramaturgie überlegt hat. Das Paar, das da an einem wunderschönen Sommertag im Garten mit Blick auf eine traumhafte Gegend sitzt und über Leben, Liebe, Kindheit, Mannsein und Frausein, Zukunft und Vergangenheit sinniert, erhält so seine eigentümliche Gestalt -die ruhigen Wortschwälle aus Handkes Feder, die der Autor für seine Frau und Hauptdarstellerin des Films, Sophie Semin, geschrieben hat, brauchen eine ebenso behutsame wie in die kleinsten Details hineinkomponierte Bildsprache. Ein Vogel, der durchs Bild fliegt. Der Hund der Familie, der durch den monotonen Sprachensang der beiden läuft. Dann die Brechung des Wortteppichs durch die Filmfigur des Autors, der das Eingelullt-Werden mit seinem Schreibmaschinengeklapper effektiv hintanhält. Ein durch und durch artifizielles Setting ist da entstanden - vor allem durch den Einsatz der 3D-Technik, die -ganz im Gegensatz zu Wenders Anschauung (siehe das Interview unten) - eben genau nicht die Natürlichkeit befördert. In Wirklichkeit indiziert ebendiese Technik den Theater-Eindruck zur höchsten Potenz: Nie war eine Guckkastenbühne im Kinosaal so präsent wie hier. Das hat, muss man sich eingestehen, wirklich seinen Reiz. Wenn auch einen anderen als Regisseur Wenders vorgibt.

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