Harmloser Komödienstoff

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Thomas Birkmeir bearbeitete für das Wiener Volkstheater die schwarze Filmkomödie "Harold und Maude“ von Colin Higgins, herausgekommen ist eine harmlose Komödie, gesellschaftskritische Themen bleiben im Hintergrund. Dank der beiden Protagonisten aber trotzdem sehenswert.

Vierzig Jahre ist es her, dass die Schwarze Komödie "Harold and Maude“ von Colin Higgins ihr Filmdebüt feierte. 1971 noch von der Presse als "geschmacklos“ abgeurteilt, avancierte die ungewöhnliche Liebesgeschichte zwischen einem 18-jährigen Misanthropen und einer fast 80-jährigen Vagabundin bald zum Filmklassiker. Neben den absurd-morbiden Selbstmordinszenierungen des jungen Titelhelden war es vor allem die Musik von Cat Stevens, die dem Film Kultstatus verschaffte.

Higgins hat das Drehbuch kurze Zeit nach der Verfilmung selbst zum Theaterstück umgeschrieben, und seitdem ist es international im Repertoire der Theater verankert. In Wien wurde es zuletzt etwa 1997 zum 85. Geburtstag Gusti Wolfs am Burgtheater aufgeführt.

Zuneigung und Anziehung

Theater-der-Jugend-Chef Thomas Birkmeir hat es nun fürs Volkstheater bearbeitet, und diesmal brilliert in der Rolle der quirligen, unbekümmerten und lebenslustigen Maude die Theater- und Filmschauspielerin Elfriede Irrall. Den tragikomischen Harold spielt an ihrer Seite Nachwuchstalent Claudius von Stolzmann.

Harold lebt mit seiner überfürsorglichen Mutter (Susa Meyer) in wohlhabenden Verhältnissen. Seine Vorliebe für Morbides bringt diese zwar nicht mehr aus der Fassung, trotzdem versucht sie vehement, Harold ein normales Leben zu verpassen. Doch weder die Therapiestunden beim Psychiater (Alexander Lhotzky) noch die arrangierten Treffen mit heiratswilligen jungen Mädchen können sein Interesse wecken. Erst die Begegnung mit Maude bringt neue Facetten in sein Leben. Maude lädt ihn zum Bäume ausreißen und Walzer tanzen ein, mit ihr befreit er Robben aus dem Zoo, fährt gestohlene Autos und wird von der Polizei verfolgt.

Viele dieser Handlungsstränge finden sich auch im Film wieder, einige wurden in dieser Bühnenfassung noch hinzugefügt, doch trotz all dieser Nebenhandlungen und zusätzlichen Erzählstränge ist "Harold und Maude“ vor allem und in erster Linie eine Liebesgeschichte. Harold liebt Maude, und Maude liebt Harold - darauf beruht der ganze Zauber des Stücks. Irrall und Stolzmann vermögen es dieses Spiel um Zuneigung und Anziehung zwischen den beiden Titelhelden in nuancenreichen Tönen auf die Bühne zu bringen.

Birkmeir orientiert sich in seiner Inszenierung stark am filmischen Original, speziell die Selbstmordversuche Harolds sind aber auf durchaus humorvolle Weise bühnentauglich adaptiert, und die einprägsame Filmmusik der 1970er-Jahre wurde durch Pop- und Rocksongs der letzten Dekade ersetzt. Dafür hat Birkmeir insbesondere auf Lieder der amerikanischen Rockband "Eels“, wie etwa "Beautiful Freak“ oder "The Longing“, zurückgegriffen, deren Hits vor allem der heutigen FM4-Generation bestens bekannt sein dürften.

Die kurz angespielten Musiknummern geben der ansonsten zeitlos gestalteten Aufführung (Bühnenbild: Etienne Pluss; Kostüme: Stephan Dietrich) tatsächlich eine Atmosphäre von Gegenwärtigkeit, die Vielzahl an unterschiedlichen Musikeinspielungen nutzt sich aber zu schnell ab und unterbricht allzu oft die Handlungsdynamik.

Die Geschichte über zwei unangepasste Außenseiter, die sich gegen jede Konvention kennen und lieben lernen, birgt zwar immer noch einiges soziales Konfliktpotenzial in sich, ist aber mittlerweile zum harmlosen Komödienstoff geworden.

Gefällige Klamotte

Als eine ebensolche harmlose Komödie hat Birkmeir das Stück arrangiert, und auch wenn Maudes Vergangenheit als jüdische Emigrantin und KZ-Häftling mit Wiener Wurzeln entgegen der Filmvorlage besondere Erwähnung finden, bleiben politische und gesellschaftskritische Themen im Hintergrund. Stattdessen setzt diese Volkstheaterproduktion auf kurze komödiantische Szenen, die allzu oft zur gefälligen Klamotte geraten.

Dass das Ganze aber trotzdem ein sehenswerter Erfolg ist, liegt einzig und allein an der glänzenden Schauspielleistung seiner beiden Protagonisten.

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