Hayao Miyazakis fantasievolle Reisen in die Seele

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Das Wiener „Filmcasino“ begeht sein 20-Jahr-Jubiläum mit einer Retrospektive des japanischen Zeichentrickmeisters Hayao Miyazaki.

Erfolg heißt schlicht, nach 20 Jahren am hart umkämpften Wiener Kinomarkt noch immer da zu sein. Auch wenn das Sommerkino, das stets als nicht mehr wegzudenken bezeichnet wurde, heuer geopfert werden musste: Das zum Wiener Volksbildungsverein zugehörige Filmcasino geht in seine Jubiläumssaison. Gefeiert wird dies mit einem Blick nach Japan, dessen Kino immer eine große Rolle in der Programmierung des Hauses einnahm, und mit der Würdigung eines Ausnahmeregisseurs: Hayao Miyazaki.

Von 17. bis 24. September zeigt das Filmcasino unter dem Titel „Spirited Away“ sämtliche abendfüllenden Werke des Mannes, der seit gut 40 Jahren maßgeblich den Anime, den japanischen Trickfilm, prägt und dessen Wertschätzung in der Branche so weit reicht, dass der Unterhaltungsriese Disney seine Produktionen zwar herausbringen, aber nichts daran nachträglich verändern darf. Im Anschluss ist die Retrospektive in Linz, Innsbruck, Graz und St. Pölten zu sehen.

Technikfasziniert, aber Parteigänger des Organischen

Auf fantasievolle Reisen in die Seele machen sich Miyazakis Arbeiten, sind fasziniert von der Technik, aber Parteigänger des Organischen, von Erfassbarem wie Übersinnlichem. Das mechanische Monstrum aus „Das wandelnde Schloss“, es könnte nicht zum Leben erwachen ohne den Feuergeist in seinem Bauch.

Vollkommen in der ureigenen japanischen Spiritualität geht indes „Prinzessin Mononoke“ auf, wenn er über den verzweifelten Widerstand der Tiere und ihrer Götter gegen die Zivilisation in Gestalt einer Eisenhütte und deren rücksichtsloser Herrin erzählt.

Der Flieger Porco Rosso im gleichnamigen Anime sucht wiederum in der kontemplativen Inselwelt der Adria seinen Frieden, das Ich, das er einst verlor – wenn er nicht gerade als Kopfgeldjäger die Beutezüge der ebenfalls dort ansässigen Schurken vereitelt. Aus Miyazakis stringentem Katalog ist „Porco Rosso“ (Bild oben) eines der Werke, die seiner Biografie am nächsten stehen, zum Beispiel seiner Liebe zum Flugzeug – dem Onkel gehörte eine Fabrik, die Teile für die berühmten Mitsubishi Zeros erzeugte. Der Künstler spinnt darin aber auch wie so oft die Zwischenkriegstechnik fort: Flugboote beherrschen den Himmel des faschistischen Italiens der 1930er. Wenn sich eine Mädchenklasse kapern lässt, dann geschieht das also schwebend – und quietschvergnügt: „Seid ihr böse Jungs?“ –„Ja.“ – „Sind wir Geiseln?“ – „Jop“.

Liebevoll entworfener Zirkus des Lebens

In perfekter Balance zwischen Leichtigkeit und Nachdenklichkeit treten die Artisten in diesem rasanten, liebevoll entworfenen Zirkus des Lebens auf, wo eine zünftige Prügelei in Dorffest-Atmosphäre letztlich das Totschießen ersetzt. Bei all dem ist „Porco rosso“ explizit in seiner Weltanschauung – der Held zu seinem vormals besten Freund: „Besser ein Schwein als ein Faschist.“ Noch bedeutender ist aber ein Satz, den der Meister seiner heimlichen Zentralfigur, wie oft ein vifes Mädchen, in den Mund legt: „Nicht Erfolg zählt, Beseeltheit“ – vielleicht nicht nur die Maxime des Hayao Miyazaki, sondern auch insgeheim des Wiener „Filmcasinos“.

Spirited Away. Die fantastischen Welten des Hayao Miyazaki

Filmcasino Wien, 17. – 24.9. – www.filmcasino.at/miyazaki

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