Anfangs wollt ich fast verzagen, / Und ich glaubt, ich trüg es nie; / Und ich hab es doch ertragen - Aber fragt mich nur nicht, wie? Bereits am Innentitel wird Heinrich Heine zitiert. Kenn ich, setzt der Hamburger Illustrator Peter Schössow keck dazu und schenkt sich "Der arme Peter“ zum 60. Geburtstag.
Das Gedicht erfährt dabei eine spielerische Mehrfachübertragung: Es wird zu einem Schauspiel für Kinder gemacht, dessen Aufführung wiederum zum Inhalt des mit unglaublichem Detailreichtum ausgestatteten Bilderbuches wird. Vom Vorsatzpapier an folgt man dem Publikum und den Darstellerinnen und Darstellern ins Thalia-Theater, wirft einen Blick in die Garderobe, in der sich die Metamorphose der Schauspielerinnen und Schauspieler in Figuren des Stücks abzeichnet, und blickt gebannt durch den sich öffnenden Vorhang in die Gesichter erwartungsvoller oder auch gelangweilter Kinder.
Detailreichtum bringt Schau-Vergnügen
Drei Teile mit jeweils drei Strophen umfasst Heinrich Heines Gedicht, dessen Rhythmus Peter Schössow in die Abfolge seiner Bilder übernimmt: Jeder Strophe widmet er ein eigenes Bühnenbild, wobei sich die Verwandlung dreier Komparsinnen von Bild zu Bild mit noch mehr Genuss beobachten lässt. Stellen sie zu Beginn, wenn "der Hans und die Grete“ zum Leidwesen des armen Peter "vor lauter Freude“ tanzen, noch den Chor, wandeln sie sich später zu Nonnen, Schafen oder Limonadenverkäuferinnen; und hängen mit entsetztem Gesichtsausdruck vom Himmel, wenn Peter auf dem Gipfel seiner Verzweiflung angelangt ist. Nach jedem der drei Gedicht-Teile wechselt Peter Schössow mit filmischem Schnitt von der Bühne ins Publikum und bezieht dieserart die Wirkungsästhetik des Bühnenspiels in sein Bilderbuch mit ein. Bis Peter letztlich ins Grab steigt, um zu "schlafen bis zum jüngsten Tag“ - wohlgemerkt tut er das nicht, ohne sich vorher die Schuhe auszuziehen! Bildverweise wie diese manchen das aufwändig gestaltete Buch im großformatig-quadratischen Format zum reinen Schau-Vergnügen. 3500 Stunden hat Peter Schössow daran gearbeitet und Schicht für Schicht der Illustrationen am Computer übereinander gelegt. Er entwirft Räume, kostümiert Figuren und entspinnt zahlreiche kleine Nebenhandlungen, die stets aufs Neue vom Beginn des Bilderbuches an bis zu jener Szene verfolgt werden können, als Kinder sowie Schauspielerinnen und Schauspieler das Theater wieder verlassen. Nicht immer gemeinsam mit jenen, mit denen sie gekommen sind … Dem klassischen Tragödienmoment des Mit-Leids wird damit eine ganz neue Bedeutung gegeben. Tosender Applaus!
Der arme Peter
Von Heinrich Heine. Illustr. von Peter Schössow
Hanser Verlag 2013.
48 Seiten, gebunden, € 15,40
Buchtipp von Furche, Stube und Institut für Jugendliteratur