Helden der Schießscharte

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Vom "rasenden Reporter" Egon Erwin Kisch stammt der Satz: "Der Journalist sitzt stets schussbereit an der Schießscharte der Zeit." Das ist eine gute, wenn auch für heutige Begriffe allzu martialische Beschreibung seiner Aufgaben. Nur wild losballern muss er nicht gleich, wann immer sich irgendwo etwas bewegt.

Beliebtestes politisches Hochwild in Österreich ist seit dessen Amtsantritt der Justizminister. In der Tat hat Dieter Böhmdorfer einen Misstrauensvorschuss verdient.Was die Kanzlei des Rechtsanwaltes Böhmdorfer in Vertretung freiheitlicher Parteiinteressen österreichische Medien hatte anschauen lassen, war jahrelang nicht von schlechten Eltern gewesen. Trotzdem hat auch dieses Ministerium Anrecht auf faire Beurteilung.

Der jüngste Entwurf für eine Reform der Strafprozessordnung ist in einzelnen Punkten sicher verdächtig. Haftandrohung für Journalisten, die durch Zitieren geheimer Akten die Rechte von Drittpersonen verletzen, ohne einem öffentlichen Interesse zu dienen, ist fragwürdig. Dass der Entwurf von einem SPÖ-Beamten formuliert worden und schon in der rotschwarzen Vorgänger-Regierung geplant gewesen ist, macht ihn noch nicht tabu. Es ist jedoch eine Missachtung journalistischer Grundsätze, den gesamten Entwurf nur unter einem Gesichtspunkt zu bewerten und die beabsichtigte Verschärfung maßlos zu übertreiben.

Wahr ist, dass Pressefreiheit, so unverzichtbar sie ist, ihre Grenzen hat, und dass private Interessen unbeteiligter Dritter eine solche Grenze darstellen. Das Problem liegt in der Abgrenzung gegenüber dem öffentlichem Interesse. In einer Demokratie verdient im Zweifelsfall das öffentliche Interesse Vorrang. In Zeiten totaler Entblößung aller privaten Lebensbereiche sollte aber der Schutz der Intimsphäre ein anerkannter Wert bleiben. Es gibt Journalisten, die sich die Finger gegen den "gläsernen Menschen" wundschreiben und keinen Genierer kennen, wenn es um das Ausziehen und Zerlegen der von ihnen als Opfer erkorenen Personen geht. Aber alle - auch Politiker - haben ein Recht auf Persönlichkeitsschutz und Ehre.

Hubert Feichtlbauer ist freier Publizist und Vorsitzender der Plattform "Wir sind Kirche".

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