Herzogliche Tretautos

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Auf dem steirischen Schloß Kornberg macht eine Spielzeugausstellung Geschichte lebendig.

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Auf dem steirischen Schloß Kornberg macht eine Spielzeugausstellung Geschichte lebendig.

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Altes Spielzeug weckt Erinnerungen an die eigene Kindheit, oft ist es von hohem künstlerischen Wert, doch daß es auch Geschichte lebendig machen kann, zeigt eine Ausstellung in Schloß Kornberg. Da sitzt auf einem bemalten Schrank eine Puppe, aber keine gewöhnliche. Es ist die erste, die Käthe Kruse 1910 entwarf. Das Vorbild für das Gesichtchen war ein Bild des Malers Duquesnoy. Wegen seiner flämischen Herkunft wurde er in Italien "il Fiamingo" genannt, woher der Name "Fiamingo-Köpfchen" für die Puppe kommt.

Knabenuniformen gehörten dem kleinen Kronprinz Rudolf, der schon von Geburt an militärischen Rang bekleidete. Als Erwachsener sollte er mit seinen Uniformen nicht viel Freude erleben. Als nächstes geht der Besucher ins Papiertheater. Das sind plastische Bühnenbilder mit kleinen Papierfiguren, und dazu gab es Textbücher mit gekürzten Ausgaben klassischer Dramen. Mancher Bub, manches Mädchen wurde dadurch vom Theater-Bazillus befallen und wuchs zum begeisterten Theaterbesucher heran. Für Buben gab es die Steinbaukästen, erfunden von Gustav Lilienthal, einem Bruder des Flugpioniers Otto Lilienthal. Aus einer Kunstmasse sind exakte Bausteine geformt, die mit einer Vorlage geliefert wurden. Auch damit ist Geschichte verbunden: Ein buntes Stadttor im Stil des Historismus wich einem feldgrauen Stauwerk, die neue Sachlichkeit hielt mit modernen Häusern Einzug.

Gesellschaftsspiele sorgten an Regentagen für Beschäftigung. Man spielte sie mit mehreren Personen und pflegte dabei Sozialbeziehungen und Umgangsformen. Ob sich das in der Isolation der Computerspiele auch ereignen kann?

Unter den ausgestellten Bilderbüchern gibt es ein Unikat: Die Mutter des gegenwärtigen Schloßbesitzers zeichnete und textete es, als ihr Sohn lange krank war. Puppenstuben, Holzspielzeug, darunter solches, das dem Maler Egger-Lienz gehörte, wunderschöne Tretautos und Spielzeug aus dem Besitz der Herzoge von Hohenberg auf Schloß Amstetten sind das Entzücken der Besucher. Und da steht noch ein seltsames Blechspielzeug: Ein kleiner Wagen, gezogen von einem Zebra: Als das deutsche Kaiserreich Kolonien in Afrika erwarb, wollten die Kolonialbeamten die frei umherlaufenden Zebras zu nützlicher Arbeit einspannen. Die Eingeborenen lächelten nur: Sie hatten das schon vor Jahrhunderten erfolglos versucht.

Bis 23. Dezember Schloß Kornberg, Oststeiermark.

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