Herzschlagfinale und Balanceakt

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Die Koalitionsregierung drängt darauf, vor dem Sommer ihr Transparenzpaket parlamentarisch beschließen zu lassen. Der Druck auf Abgeordnete steigt.

Die beiden Koalitionsparteien haben sich heuer für das stets Ende Mai einsetzende Juni-Finale im Parlament viel vorgenommen. Vielleicht zu viel. Zu sehr geht es um ihr Personal und ihre Finanzen, zu sehr sind sie von der Zustimmung einer der Oppositionsparteien abhängig, um ihr großes Paket an neuen Transparenzregeln durchzubringen.

Damit will die Koalition vier Materien behandeln und beschlie-ßen: Regeln für die Unvereinbarkeit von politischer und anderer Tätigkeit, ein Register für Lobbyisten, strengere Bestimmungen gegen Korruption sowie neue Regeln für die Finanzierung politischer Parteien.

Dringender Handlungsbedarf

An der sachlichen Notwendigkeit und an der politischen Dringlichkeit dieses Paketes besteht kein Zweifel: Der Handlungs- und Regelungsbedarf ist seit den jüngsten Vorfällen um Finanzierungen in Wahlkämpfen und ersten Ergebnissen des Ausschusses zur Untersuchung von Korruption sowie nach internationaler Experten-Kritik erkannt. Die Folgen: Abgeordnete sollen nicht mehr als Lobbyisten werken dürfen, es gilt ein schärferes Anfütterungsverbot, politische Mandatare müssen Einkommen aus Nebentätigkeit noch strikter als bisher - künftig geregelt nach deutschem Muster - offenlegen. Die klarsten neuen Bestimmungen sieht allerdings der Regierungsentwurf zum Parteiengesetz 2012 vor, wenn auch mit Einschränkungen.

Spenden sind künftig offenzulegen, ab Beträgen von 5.000 Euro auch die Namen der Spender. Verboten sind künftig Spenden von Unternehmen mit einem Anteil von 25 Prozent und mehr an Staatsbesitz. Allerdings müssen Einnahmen aus Sponsoring, Inseraten sowie Sach- und Personalspenden nicht ausgewiesen werden. Auch Zuwendungen für konkrete, praktische soziale Projekte sind, wie die erläuternden Bemerkungen ausführen, ausgenommen. Erheblich verbessert werden hingegen die Rechenschaftsberichte, die künftig jährlich und von jeder Partei - es sind 900 Satzungen in Innenministerium hinterlegt - an den Rechnungshof zu übermitteln sind. Dieser hat mehr Kontroll- und Rechercherechte, allerdings kein eigenständiges umfassendes Einschaurecht, wie dessen Präsident Josef Moser bemängelt. Er wünscht eine Nachbesserung: Die Regelung zur Parteienförderung sei eine "positive Weiterentwicklung“, aber wenn die Politik eine Prüfung durch den Rechnungshof wolle, dann benötige dieser "originäre Prüfrechte“, und die fehlten noch.

Das geplante neue Parteiengesetz beseitigt zwar die bisherige Rückerstattung von Wahlkampfkosten, bringt aber dennoch eine deutliche Erhöhung, genau eine Verdoppelung der Parteinförderung aus Bundesmitteln auf 31,7 Millionen Euro mit sich, wie Epxerte Hubert Sickinger gegenüber der APA erläutert. Sowohl von Sickinger als auch im ÖVP-Parlamentsklub wird klargestellt, dass die kleineren wahlwerbenden Parteien dabei nicht - wie gelegentlich behautpet - unter die Räder kämen: Parteien, die bei einer Nationalratswahl mehr als ein Prozent der Stimmen erhalten, aber den Einzug nicht schafen, haben ein halbes Jahr lang danach Anspruch auf Fördermittel. In Inhalt und Quantität der Zuwendung entspräche die neue Regleung weitestgehend der bisheringen, heißt es im ÖVP-Klub.

Regierung entsendet Verhandler

Im Parlament dürfte es unterdessen zu einem Abtausch der Interessen innerhalb der Koalition kommen, um die Balance zu wahren. In den Wandelgängen kursieren nicht dementierte, von der Presse vermeldete Vermutung, wonach die SPÖ ihren für die ÖVP besonders unangenehmen Fragesteller, Justizsprecher Johannes Jarolim, abziehen könnte. Das gilt als Vorleistung dafür, dass die ÖVP-Abgeordneten wiederum nicht zu hart fragen, wenn der Untersuchungsausschuss die Inseratenvergabe durch den früheren Verkehrsminister Werner Faymann und dessen Sekretär Josef Ostermayer auf die Tagesordnung setzt.

Geht es um die heikle Balance, schließt sich der Kreis mit dem Transparenz-Paket: Damit die Regierung dies parlamentarisch über die Bühne bringt, hat sie Staatssekretär Ostermayer und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner als Verhandler ausgesandt. Davon fühlen sich wiederum einige Abgeordnete der Koalition düpiert, womit im üblichen Herzschlagfinale der Legislative wieder einiges aus der Balance gerät.

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