Hiebe im trauten Heim

Werbung
Werbung
Werbung

In Österreich wird jede fünfte Frau einmal im Leben Opfer von Gewalt durch männliche Angehörige.

Der Fernseh-Spot schockte ganz Spanien: Eine Frau läuft verzweifelt aus der Wohnung. Sie flüchtet vor einem Gewalttäter, einem Mann, den sie nur allzu gut kennt - schließlich hat sie ihn einmal geliebt. Der Spot kleidet die traumatische Erfahrung häuslicher Gewalt in schockierende Bilder. Für den neuen spanischen Ministerpräsidenten Jose Luis Rodriguez Zapatero gerade schockierend genug, um seinen Landsleuten die "schlimmste Schande" Spaniens ins Bewusstsein zu rufen - die Gewalt gegen Frauen. Allein im Vorjahr wurden 68 Frauen von ihren Partnern getötet.

Der Feind im Ehebett

Solch erschütternde Ziffern kursieren in Österreich nicht. An Tragödien in den heimischen Wohn- und Schlafzimmern herrscht freilich kein Mangel: Laut Schätzungen - aussagekräftige Studien fehlen - wird hierzulande jede fünfte Frau einmal in ihrem Leben Opfer von Gewalt durch männliche Angehörige. Allein im Jahr 2003 haben 2.620 Frauen und Kinder in 20 autonomen Frauenhäusern Schutz und Unterkunft gefunden. Das entspricht einer Steigerung um fünf Prozent im Vergleich zum Jahr davor.

So ernüchternd die Zahlen sind - sie repräsentieren nur die Spitze des Eisbergs: "Das Frauenhaus ist eine Anlaufstelle, wenn die Gefahr so groß ist, dass die Frau wirklich Angst um ihr Leben hat", weiß Daniela Almer vom Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser. Zudem würde nicht jede bedrohte Frau in diese Einrichtung flüchten: "Wer nicht sozial isoliert ist und ein eigenes Einkommen hat, geht zuerst zu einer Freundin oder ein paar Tage ins Hotel."

Schwierige Loslösung

Mit dieser Flucht ist zumindest ein erster Schritt aus der familiären Hölle getan. Manche Frauen scheitern jedoch schon an dieser Hürde und bagatellisieren die erlebte Gewalt: "Sie lieben ihren Partner zumindest dann, wenn er ,nett' ist, und sie haben Angst, alleine dazustehen, Angst, dass die Kinder den Vater verlieren", erklärt Birgitt Haller vom Institut für Konfliktforschung in Wien.

Noch schwieriger ist die Loslösung aus Gewaltstrukturen bei Migrantinnen, die in Österreich immerhin 20 Prozent der Opfer häuslicher Gewalt darstellen. Da diese Frauen meist vom Aufenthaltsstatus ihrer Männer abhängig sind, ist eine Flucht unmöglich: "Wenn sich Migrantinnen von ihrem gewalttätigen Partner trennen, können sie ausgewiesen werden", kritisiert Daniela Almer.

Trotz dieser Mängel sind im Bereich des Schutzes von Frauen auch Fortschritte zu verzeichnen: So hat sich etwa das 1997 eingeführte und 2000 verbesserte Österreichische Gewaltschutzgesetz bewährt. Dadurch wurde es möglich, zusätzlich zu den so genannten "Streitschlichtungen" durch die Exekutive auch Wegweisungen gewalttätiger Männer aus der gemeinsamen Wohnung - zumindest für zehn Tage - durchzusetzen.

"Die Streitschlichtung verführt dazu, Gewalt nicht wirklich zu sehen oder zu verharmlosen", stellt Birgitt Haller in ihrer Evaluation des Gewaltschutzgesetzes fest. Umso positiver bewertet sie die Zunahme der - für den Gewalttäter spürbareren - Wegweisungen aus der gemeinsamen Wohnung. Ihre Zahl stieg von 1.450 im Jahr 1997 auf 4.180 im Vorjahr. Ist binnen zehn Tagen keine Klärung möglich, kann die bedrohte Frau durch eine einstweilige Verfügung die Wegweisung auf drei Monate ausweiten.

"Abtrainierte" Gewalt

Ein langfristiger Ausstieg aus der Gewalt-Spirale wird freilich erst dann möglich, wenn der Gewalttäter zu 97 Prozent ein Mann - sein Verhalten grundsätzlich ändert. Ein Ziel, das bei der Wiener Männerberatung im Rahmen eines "Trainingsprogramms zur Beendigung von gewalttätigem Verhalten in Beziehungen" erreicht werden soll. "Die Männer kommen über Weisung des Gerichts und der Jugendämter - oder ,freiwillig', wenn die Frauen drohen, sie zu verlassen", weiß Romeo Bissuti vom Verein "White Ribbon" (siehe Interview). Derzeit komme freilich nur ein kleiner Prozentsatz der weggewiesenen Männer in den Genuss dieses Trainings, so Bissuti: "Wir sind leider von unseren Ressourcen her weit unterbesetzt."

Informationsstelle gegen Gewalt:

www.aoef.at. Österreichweite

Frauen-Helpline: 0800/222 555.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung