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Charles Gounods "Roméo et Juliette" an der Wiener Staatsoper.

Hautenge Jeans, weißer Kunstpelzmantel, das Mikro in der Hand: wie eine Pop-Diva tritt Julia auf die Bühne. An das Pop-Business fühlt man sich noch des öfteren erinnert bei dieser Aufführung von Charles Gounods "Roméo et Juliette" an der Wiener Staatsoper. Das liegt an der Lichtarchitektur von Patrick Woodroffe, der vor allem bei den von Renato Zanella choreografierten Massenzenen Popkonzert- oder Musicalatmosphäre erstehen lässt. Doch auch ganz andere Effekte gelingen dem Lichtkünstler: ein prächtiger Sternenhimmel, den unsentimentale Menschen wohl als Kitsch verunglimpfen würden und die optische Konzentration der berühmten Liebesgeschichte auf einen Kreis von weißem Licht. Ein Bühnenbild im herkömmlichen Sinn gibt es nicht.

Jürgen Flimm inszeniert gefällig, interpretiert die Fehde der Veroneser Adelsfamilien als Konflikt zwischen einer Schickimicki-Partie und einer Gruppe von Underdogs. Die Regie und die netten Kostüme (Birgit Hutter) passen zur operettenhaft leichten Musik Gounods, die lediglich in der Ouvertüre und in den allerletzten Takten jene Tiefe und Kraft erreicht, die man in einer Oper über die abendländische Liebesgeschichte schlechthin erwarten würde. Marcello Viotti und dem Staatsopernorchester - vulgo Wiener Philharmoniker - kann da überhaupt kein Vorwurf gemacht werden: Wo es möglich ist, mehr als nur liebliche Klangoberflächen zu produzieren, so tun sie das auch.

Mit Stefania Bonfadelli und Neil Shicoff steht ein Traumpaar auf der Bühne der Staatsoper: Er, lyrisch wie ein Gedichtband von Paul Verlaine, sie schwelgend in himmlischen, also recht unfranzösischen Koloraturen. Sein Roméo ist ein introvertierter Künstler, ihre Juliette ein freches Ding, unter deren sexy Outfit sich eine zarte Seele verbirgt. Wunderbar auch Angelika Kirchschlager als Stéphano, die einen der wenigen Hits der Oper singt: "Depuis hier je cherche mon maître". Und Adrian Eröd als Mercutio ist endlich dort, wo er hingehört: an einem Haus ersten Ranges.

Die Premiere geriet zum Riesenerfolg beim Publikum, sogar das Regieteam wurde bejubelt. Vielleicht liegt das daran, dass die stärkste Szene jene am Ende ist, in der die Liebenden - anders als bei Shakespeare - gemeinsam sterben. Hier kommt alles zusammen: tolles Licht, packende Musik, grandioser Gesang. Was will man mehr?

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