Hitler am Wolfgangsee

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"Im weißen Rößl" am Grazer Schauspielhaus.

Wider Erwarten weniger radikal rebellisch als amüsant komisch erwies sich Kurt Palms Inszenierung von Ralph Benatzkys Erfolgsstück von 1930 "Im weißen Rößl" bei der Premiere am Grazer Schauspielhaus. Palms Neufassung des Stückes vermischt in aktualisierender Gleichzeitigkeit Anspielungen an die politische Realität der Entstehungszeit mit karikierenden Gegenwartsbezügen. So geistert der Kunstmaler Adolfus Schicklgruber alias Adolf Hitler als Dorftrottel in braunen Lederhosen, bravourös verkörpert von Franz Solar, permanent durch die Szene, und das Hausdiener-Duo Pimperl und Pumperl überrascht als furchterregendes Schwarzenegger-Duplikat im Doppelpack.

Schon mit der Besetzung der Hauptrollen nimmt Palm bewusst vom Operettenkitsch Abstand, um diverse Heimat-Klischees umso lustvoller zu zitieren: Gerti Pall als resolute Rößl-Wirtin, Helfried Edlinger als verliebt-zudringlicher Zahlkellner Leopold und Mario Garzaner als dümmlicher Piccolo Gustl hätten dabei auch einer Neuauflage der Löwinger-Bühne alle Ehre gemacht. Für Lacherfolge sorgten weiters Franz Friedrich als missmutiger Berliner Fabrikant Giesecke, Erik Göller als unwiderstehlicher Sigismund Sülzheimer und Silvia Meisterle (Klärchen).

Neben skurriler Überzeichnung dominierten melancholische Züge, und nicht nur der Auftritt des Todes im Schlussbild - Reminiszenz an Palms letzte Grazer Nestroy-Inszenierung - regte zum Nachdenken an. Zunehmend gewann das Charakterbild der dumpfen Gesellschaft die Dunkelheit eines Negativs. Blieb dem Publikum das Lachen doch nicht vollends im Hals stecken, ist das wohl auf die hervorragende musikalische Umsetzung (Leitung: Georg Schulz) zurückzuführen, die nichtsdestotrotz so etwas wie Operettenseligkeit aufkommen ließ.

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